> Die wichtigsten Entwicklungen beim Wohnwagen-Zubehör der vergangenen drei Jahrzehnte

30 Jahre Camping, Cars und Caravans: Meilensteine beim Caravan-Zubehör

02.07.2024
Text: Maren Siepmann, Michael Fischer | Bild: Hersteller

In 30 Jahren hat sich beim Wohnwagen was getan – dafür sorgte in weiten Teilen der Zubehör-Bereich, der mit viel Innovationskraft die Caravans komfortabler und vor allem sicherer machte. Eine Übersicht der wichtigen Entwicklungen aus drei Jahrzehnten.

Eigentlich unterscheidet sich ein Wohnwagen Anfang der Neunziger nur wenig von den Modellen 2024, aber die Details machen es aus. Es ist doch so einiges passiert, denn die Zubehörbranche hat sich in die Parallelwelten begeben und fleißig entwickelt. Als CCC 1994 aus der Taufe gehoben wird, ist der Wohnwagen Mittel zum Zweck und das Reisemobil schon eher eine Begehrlichkeit. Im Fahrwasser dieser Entwicklung konnte der Caravan so einiges mitnehmen, was den Komfort deutlich nach vorn brachte. Elementare Ausstattungselemente wie Toilette, Kocher oder Kühlschrank waren schon fest etabliert, wurden aber weiterentwickelt. Viel bedeutender war aber das Thema Sicherheit. Wegen der Tempo-100-Regelung hat sich zum Beispiel beim Fahrwerk der Wohnwagen doch einiges getan.

1994 bringt Truma die Trumatic C.

Der erste Salon in Düsseldorf

Doch der Reihe nach, denn gleich im ersten Jahr von CCC waren das gleich drei tolle Sachen. Das lag wohl am Umzug des Caravan Salons von Essen nach Düsseldorf, da wollten viele glänzen. Angefangen mit einer Lösung für eine Gasleuchte in Zeiten mangelnder Stromversorgung entwickelte Truma-Firmengründer Philipp Kreis Ideen fürs Camping und stellte 1961 mit der Trumatic die erste offiziell anerkannte Wohnwagen-Heizung vor. Im ersten Jahr von CCC folgt mit der Trumatic C das erste Modell, das Warmwasserboiler und Heizung in einem einzigen Gerät vereint. Zur damaligen Zeit eine echte Sensation, die auch viele Caravanhersteller bei ihrer Oberklasse einsetzen und damit Sanitärund Küchenbereich mächtig aufwerten.

Das erste kippbare Panoramadachfenster: Heki 1 von Seitz aus dem Jahr 1994.

Eugen Seitz erfand ebenfalls 1994 mit dem Heki 1 das erste kippbare Panoramadachfenster. Heki steht dabei für Hebel-Kipp-Fenster und erklärt zugleich auch seine Funktionsweise: Das Dachfenster verfügt über eine Hub-Kippfunktion und lässt sich in fünf verschiedenen Positionen flexibel öffnen. So ermöglicht es nicht nur eine bessere Durchlüftung des Fahrzeugs, sondern lässt vor allem auch deutlich mehr Licht ins Innere. Heute gehört Seitz zu Dometic, und ein Heki, egal welche Version, fehlt in keinem Komfortpaket.

Ebenfalls im Jahr 1994 erfand SOG die Toiletten-Entlüftung.

Die Thetford-Toilette war bei Hobby schon lange Serie und alle anderen zogen nach. Werner und Ruth Dahmann einte ein Wunsch, chemiefreie und geruchslose Campingtage zu verbringen. So entwickelte sich aus der Idee einer Toilettenentlüftung ein konkretes Produkt, das mittels Unterdruck – erzeugt durch einen Ventilator – unangenehme Gerüche der Toilette nach außen leitet. 1994 gründet das Ehepaar das Unternehmen SOG Systeme, nur ein Jahr später geht die bis heute bekannte und etablierte Toilettenentlüftung an den Start.

1998 startet Winterhoff mit der Einhandbedienung bei Stabilisierung .

Mehr Fahrsicherheit

Schlingernde Wohnwagen sind schon immer ein Problem. Mit der SSK von Westfalia oder dem Orismat 2000 wurde dem Aufschaukeln schon in den Achtzigern Einhalt geboten. Die Systeme waren aber sperrig und aufwändig zu montieren. Andere Hersteller kopierten das Prinzip, versuchten sich aber an anderen Bedienungsmöglichkeiten. Es kamen von Al-Ko die AKS 1300 und die AKS 2004, und Winterhoff brachte die WS 3000. Mit der 9. Ausnahmeverordnung zur StVO am 15. Oktober 1998 kommt aber richtig Schwung in die Sache und heute sind bei Al-Ko drei Systeme mit Reibbelägen quer zu Fahrtrichtung an der Kupplung und bei Winterhoff ein System mit Belägen vorn und hinten am Markt.

Da 2022 Al-Ko Winterhoff aufkaufte, ist nun Knott mit einem System mit Einhandbedienung wie bei Winterhoff am Markt. Diese Stabilisierungskupplungen ermöglichen entspannte Caravantouren, da sie Schlinger- und Nickbewegungen des Gespanns verringern

Ebenfalls im Jahr 1998 baut Reich seinen ersten Rangierantrieb für Wohnwagen.

Mehr Komfort

Die erste Rangierhilfe von Reich nennt sich Easydriver und wird im Jahr 1998 auf den Markt gebracht. Sie ist damit eine der frühesten elektrischen Rangierhilfen für Wohnwagen. Der Easydriver ermöglichte es Wohnwagenbesitzern, ihre Fahrzeuge mithilfe einer elektrischen Antriebseinheit präzise zu manövrieren, ohne sie dabei ans Zugfahrzeug anzukoppeln. Der Mover von Truma kommt im Jahr 2002 auf den Markt. Zuvor firmierten die Produkte von Truma in diesem Bereich unter dem Namen Carver.

2002 baut Westfalia die erste elektrisch schwenkbare Anhängerkupplung.

Auch das Anhängen wird immer komfortabler. 2002 präsentiert Westfalia als erster Hersteller die elektrisch schwenkbare Anhängerkupplung auf dem Markt. Da diese doch etwas langsam ist, folgt 2004 die manuell schwenkbare Anhängerkupplung.

2002: Thetford bringt seinen ersten Kühlschrank.

Der steigende Wettbewerb

Seit den Achtzigern liefert Dometic-Electrolux Absorberkühlschränke für Freizeitfahrzeuge, entwickelte sich dabei zum echten Monopolisten.  Thetford, der Erfinder der Kassettentoilette, will sich 2002 breiter aufstellen und bringt ebenfalls Absorberkühlschränke der US-Tochter Norcold auf den europäischen Markt. Das sorgte für Missmut bei Dometic, aber Konkurrenz belebt bekanntlich das Geschäft.

Die Konsequenz: Dometic bringt 2003 eine eigene Kassettentoilette. Sie ist von Anfang an drehbar ausgeführt und hat einen robusten Keramik-Einsatz.

Mit der Frostair steigt Truma 2005 auch ins Kühlgeschäft ein und verlegt die Klimaanlage vom Dach ins Innere des Caravans. Der Effekt ist sensationell, aber der Montageaufwand groß. Daher setzt sich die Box gegenüber den Dachanlagen nicht wirklich durch.

2006 macht Al-Ko die Gespannsicherheit mit ATC großserienreif.

Gegen das Schlingern

Das elektronische Antischlingersystem für Caravans Leas von BL-Trading war schon Ende der Achtziger am Markt, aber nur wenig verbreitet, was an der schlechten Vermarktung und dem ADAC lag. Letzterer war mit einer Aussage zum LEAS sehr pessimistisch angetreten, sodass Hersteller wie Knaus das System aus den Zubehörlisten wieder strichen. 2005 und 2006 kommt dann Bewegung in die weitere Entwicklung der Idee, Schlingerbewegungen des Caravans zu detektieren und diesen dann automatisch dosiert einzubremsen.

Das erste hydraulische Stabilisierungssystem von Knott kommt 2005 auf den Markt, ist aber noch viel zu komplex. Besser macht das Al-Ko mit dem ATC Trailer Control. Das wird einem sehr breiten Publikum sichtbar und schnell als Zubehör bei vielen Herstellern gelistet, da es extrem leicht verbaubar ist. Der Sensor erkennt früh ein beginnendes Pendeln und das System stoppt die Gefahr durch einen Bremsimpuls an den Caravan, bevor der sich aufschaukelt. Auch plötzliche Ausweichmanöver lassen sich mithilfe des ATC sicherer meistern. Das elektrische Stabilisierungssystem ETS Plus von Knott folgt im Jahre 2016.

Böckchen von DWT aus dem Jahre 2009.

2009 bringt DWT schraubenfreie Böckchen (seitliche Wandösen) und verbessert somit die Dichtheit der Caravankarosserien.

2010 bringt Al-Ko das erste Leichtbau-Chassis, bis heute stark verfeinert.

2010 reduziert Al-Ko mit seinem Leichtbauchassis durch den Einsatz von hochfesten und damit leichteren Materialien das Gesamtgewicht des Chassis. Dies ermöglicht eine höhere Zuladung und verbessert die Fahrdynamik. Die Konstruktion des Chassis erlaubt eine flexible Anpassung an verschiedene Wohnwagenmodelle und -größen, was den Herstellern eine größere Freiheit bei der Gestaltung und Optimierung ihrer Fahrzeuge gibt.

Ebenfalls 2010 kommt die selbstnachstellende Caravanbremse von Knott.

Im Pkw-Bereich ein alter Hut, im Caravan eine Sensation – die selbstnachstellende Trommelbremse. Knott bringt sie erstmals serienmäßig in allen Hobby Premium-Modellen, die 2010 auf dem Caravan Salon erstmals ausgestellt werden. Um die Zukunft auch im Caravan digital zu gestalten, einigen sich 2011 rund 20 wichtige Unternehmen der Branche unter der Schirmherrschaft des CIVD auf eine gemeinsame Plattform, die es künftig ermöglichen soll, Geräte im Fahrzeug miteinander zu vernetzen und zentral zu steuern: Das Caravaning Industry Binary Unit System, kurz CI-BUS, ist geboren.

2011 startet Hobby in Kooperation mit dem CIVD den CI-Bus, die Basis für den vernetzten Caravan der Neuzeit.

Nur knapp zwei Jahre später stellt Hobby als einer der ersten Hersteller auf der CMT 2013 in Stuttgart ein eigens entwickeltes Bordnetzsystem auf Basis des CI-BUS vor. Truma mit dem iNet und später iNet X System und weitere Hersteller folgen.

2012 arbeitet Vango erstmals mit Luftgestänge in Großserie.

Vango brachte 2012 mit dem AirBeam-System ein erstes funktionierendes Luftgestänge, um die Zeltstruktur aufrechtzuerhalten. Zuvor hat Isabella schon mit Luftschläuchen experimentiert, aber die Idee nicht marktrelevant verworfen und erst einmal beiseitegelegt. Heute ist diese Technologie bei vielen Zeltmarken und -modellen zu finden, natürlich auch beim noblen dänischen Zelthersteller.

2012: Knaus entwickelt mit Al-Ko das erste Hybridfahrwerk mit Elektroantrieb.

Der Zeit voraus

Ebenfalls 2012 wollte die Branche mit einem elektrisch angetriebenen Caravan-Fahrwerk der Problematik der E-Mobilität begegnen. Auf den ersten Ansatz folgte der Wettbewerb verschiedener Konzepte. Dieser kam mit Corona ins Stocken, da die behördlichen Genehmigungen ausstehen. Die vergangenen zwölf Jahre waren geprägt von Weiterentwicklung. Das gilt für alle Sicherheitskomponenten, aber auch für die Komforttechnik. Insbesondere trifft dies auf den digitalisierten Caravan zu. An der Vernetzung arbeiten viele Hersteller, aber nicht miteinander. So kommt es hier immer wieder zu Verzögerungen.

2015 beginnt die niederländische Firma E-Trailer intelligente Sensoren für Wohnwagen zu bauen, die den Zustand der Fahrzeuge ständig überwachen.

Drei ganz klare Trends zeichnen sich in dieser Zeit aber ab: Der erste Trend betrifft die Vorzelte, die immer häufiger von Luft getragen werden – vor allem Reisecaravaner wählen oft die luftige Variante eines Teilvorzeltes. Zweitens die Digitalisierung der Bedienung. 2015 wurde E-Trailer gegründet. Das Unternehmen entwickelt intelligente Sensoren für Wohnwagen, die den Zustand der Fahrzeuge überwachen und somit eine sichere, entspannte Reise ermöglichen.

2020 gibt Fendt dem Diamant Rücklichter mit auf den Weg, die alle andere in den Schatten stellen.

Der dritte Trend: Der Wohnwagen wird rückseitig immer individueller und auffälliger, denn in die Kontur der Rückleuchten investieren die Hersteller immense Summen – allen voran Fendt, die hier ganz weit in die Zukunft blicken.

2020: die Unterhaltungselektronik macht auch im Caravan Druck.

Ein wichtiger Aspekt beim Zubehör ist auch das Entertainment. Autoradio und Mini-TV mit Sat-Schüssel sind schon lange im Wohnwagen präsent, aber nun kommen integrierte Entertainment-Units mit Sat-Dom und Bluetoothverbindung. Hier einen speziellen Zeitpunkt festzulegen, ist aber schwierig, denn die Übergänge der Entwicklungszyklen sind fließend.

2024 steht der nächste Caravan Salon vor der Tür. Wir sind gespannt, was er bringen wird. Den fliegenden Caravan? Eher nicht. Aber wir dürfen gespannt sein, was sich die Zubehörhersteller für die kommende Saison einfallen lassen.

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