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Tops und Flops: Wohnwagen-Meilensteine aus drei Jahrzehnten

21.08.2024
Text: Raymond Eckl | Bild: Hersteller/ Archiv

In den letzten 30 Jahren gab es so einige Entwicklungen bei den Wohnwagen, die für großes Aufsehen gesorgt haben. Aber nicht alle haben sich auch am Markt etablieren können, haben aber durchaus Spuren hinterlassen. Der vage Versuch einer Zusammenfassung der Wohnwagen-Meilensteine seit 1995.

Die letzten 30 Jahre waren geprägt vom Wandel – dem Wandel, einer Leichtbau-Wohnkiste auf zwei Rädern ein anderes Image zu verleihen. Der Siegeszug der Womos war unaufhaltsam, und ein wenig Imagetransfer sollte dem Caravan guttun. Also machten sich die Hersteller dran, Modelle zu entwerfen, die dem Caravaning ein neues Image verpassten – ohne natürlich die Serienproduktion zu vernachlässigen, denn hier wurde das Geld verdient. Mit dem Umzug der internationalen Leitmesse Caravan Salon von Essen nach Düsseldorf war ein weiterer Image-Schritt vollzogen und der erste große Wurf wurde 1995 aufs Papier gebracht, der Sport&Fun von Knaus.

Mit dem Sport&Fun will Knaus mit neuen Formen zum Erfolg und kreierte einen Caravan, der bis heute ein Hingucker ist.

Mit neuen Formen zum Erfolg

Mit dem Trend und dem Eurotrend hatten die Jandelsbrunner schon Anfang der Neunziger für Aufsehen gesorgt. Der Sport & Fun war ein Caravan, der mit vielen Konventionen brach. Nicht nur die Tür am Heck erinnerte viele an die legendäre Knospe von Austermann. Die betont aerodynamische Form gab ihm bald den Beinamen Bügeleisen. Mit einem Kampfpreis von 19.900 Euro stieg Knaus im Markt ein, denn niemand wusste, ob ein Caravan mit diesem Zuschnitt beim Kunde ankommt. Er kam, und noch heute ist der Sport&Fun stark renoviert, aber ebenso markant im Programm und ab 22.820 Euro zu haben.

1999 legt Knaus den Tango auf und vertrieb ihn exklusiv über den Autoteilehändler ATU. Das rief natürlich den Caravanhandel auf den Plan, der neue Konkurrenz witterte und gegen das Projekt aus allen Rohren schoss. Nach zwei Auflagen wurde der Tango eingestellt.

Der Westfalia Columbus soll die Wiederauflage des Erfolgs werden.

Die Wiederauflage des Erfolgs

Mit einem komplett aus GfK gefertigten Caravan wollte Westfalia 1996 mit dem Columbus 2 an die großen Erfolge seiner Wohnwagen-Ära anknüpfen. Design und Form waren aus einem Guss. Das galt auch fürs Material, aber nicht für die Produktion.

Von Anfang an gab es Lieferprobleme. Die Montage war schwierig, da Passungen ungenau waren, und so kamen die ersten ausgelieferten Wagen schnell mit Undichtheiten ins Werk zurück. Auf den Monoachser folgte ein Tandemachser, der die hohen Gewichte von Karosserie und Aufbau kompensieren sollte. Aber auch hier klafften Preis und Qualität stark auseinander. Schon 2001 war Schluss.

Dethleffs wird mit Kids & Camp und Bike & Camp der neue Freund der Familie.

Der neue Freund der Familie

Es ging aber auch anders. Noch im selben Jahr brachte Dethleffs den Kids & Camp und den Bike & Camp. Mit den beiden gewagten Neuentwicklungen sorgte Dethleffs auf dem Caravan Salon 1996 für Furore: Der Kids & Camp sollte Kinder und damit Familien begeistern; sein Zwilling, der Bike & Camp, die Fahrradfans in seinen Bann ziehen. Der Traditionshersteller wollte aus dem Einheitsbrei deutscher Wohnwagen ausbrechen.

„Caravans sind in den letzten Jahren zu verwechselbar geworden, es fehlt eine Abgrenzung zwischen den Wettbewerbern, ein eigenständiges Profil und ein aus der Masse herausragender Caravan“, betonte damals der Sport&Fun-Fan und Dethleffs Geschäftsführer Dieter Riegel. „Besonders die Familie ist für Dethleffs ein geradezu ideales Betätigungsfeld.“ Dethleffs investierte in Familiencaravans und wurde zum Freund der Familie.

Mit dem Flirt bekommt das Wohnfühlen bei Bürstner eine neue Bedeutung.

Der Versuch, anders zu sein

Das forderte die Branche heraus. 1997 brachte Bürstner den Flirt – eine Kiste auf Rädern im wahrsten Sinne des Wortes. Direkte Vorbilder hatte der quaderförmige Flirt 1997 keine. Allein die Farbkomposition im Art-Deko-Look mit hellen, aber kontrastreichen Tönen machten den Flirt zu einem Novum der deutschen Caravanbranche – und zu einem echten Hingucker.

Verantwortlich für den unkonventionellen Flirt war die renommierte Innenarchitektin Elke Steinlein. Die komplette Möbelflucht war zu den Wänden um acht Grad nach rechts gedreht. Aerodynamik spielt beim Flirt keine Rolle, senkrechte Wände sollten vor allem Wohnraum schaffen. Das wurde ihm dann zum Verhängnis, denn die Fahreigenschaften waren schlecht.

Der Cristall 2000 war der Versuch, alles anders zu machen...

Swiss made hatte 1998 einen guten Ruf. Von diesem Ruf wollte Erich Reichart mit der Caravanmarke Cristall profitieren. Gemeinsam mit den Schweizern Urs Balmer und Kurt Christen stellte er auf der CMT in Stuttgart erstmals einen Caravan vor, der für Schweizer Qualität und Perfektion stand: Der Cristall 2000 sollte die Caravan-Branche revolutionieren.

Zunächst beeindrucken die nackten Zahlen: knapp sieben Meter Aufbaulänge, drei Tonnen zulässiges Gesamtgewicht bei nicht einmal 1.100 Kilogramm Leergewicht, komplett gefertigt aus verrottbarem Kunststoff, selbsttragender Boden und eine äußerst umfangreiche Ausstattung. Und das zu schier unglaublichen Preisen um 20.000 Euro.

Nach den Plänen von Luftfahrt-Konstrukteur Urs Balmer konstruierte Al-Ko Tandem-Achsschemel. Der Cristall 2000 rollte auf kleinen 10-Zoll-Reifen, konnte so auf Radkästen verzichten. Die Spezialräder waren aber die Crux – sie hatten keinerlei Eigendämpfung, und dies führte zu immensen Kräften im Aufbau, denen die neuartige Verschraubung mit Gewebedübel nicht standhielt.

Besser machte es dann 1999 Hymer mit dem Eriba Moving. Er zeigte die Symbiose des Wohnwagens mit dem Wohnmobil. Angefangen bei der Optik: Automotiv, modern – wie ein Pkw eben. Vom Reisemobil kam auch die Konstruktion des Aufbaus: Sand- wichplatten, bestehend aus Glattblech, PU-Schaumkern und einer Sperrholzinnenwand, wurden bündig und auf Stoß miteinander verklebt – was bis 2019 ein Gütemerkmal blieb.

... Dethleffs bricht mit dem Arist die konventionellen Formen auf.

Formen aufbrechen

Auch Dethleffs wollte eine neue Ära im Caravanbau einläuten. Als Verbeugung vor dem 1996 verstorbenen Arist Dethleffs trug die Neuschöpfung 1998 dessen Vornamen Arist. Er sollte eine exklusive Modellreihe begründen, ging mit 5,80 Metern und nur einem Grundriss an den Start. Die Dethleffs-Geschäftsführer Riegel und Fritz betrachteten den Arist als Hoffnungsträger. Besonders die aerodynamisch gewölbte Front mit einem großen, angepassten Fenster fiel auf. Glattblech stellte für Dethleffs ein Novum und Hochwertigkeit dar.

Dethleffs setzt mit dem AeroTourist noch einen drauf.

Es folgte 2001 der AeroTourist aus der Feder des Designer Johann Tomforde, der schon am Smart beteiligt war. Mit dem Aerotourist kam nicht nur ein alter Name, sondern auch eine ganz neue Perspektive. Der Wagen machte schnell Karriere im TV und wurde allerorten gut in Szene gesetzt – nur ein Verkaufsschlager wurde er nie. Zu schwer, zu teuer, zu komplex.

Was Mercedes kann, kann Tabbert schon lange und macht statt Smart den T@b zum Kultmodell bis heute.

Anders machte das 2001 Tabbert. Mit der Gründung der Marke T@B und der Vorstellung des 320 auf dem Caravan Salon in Düsseldorf 2001 beschritt Tabbert ganz neue Wege. Klein, einfach, preiswert, aber überaus pfiffig präsentierte sich die neue Knutschkugel. Schon bald etabliert sich der Kultwohnwagen in der Branche. In 2012 musste er wegen EU-Vorschriften vor allem am Heck neu designt werden – der Unterfahrschutz sei nicht gegeben, so die EU –, trotzdem ist er bis heute Kult.

Dethleffs bringt mit dem Vari1by Studer den ultimativen Caravan für den Motorradtransport, was am Markt aber nicht goutiert wurde.

Der andere Weg

Im ersten Jahrzehnt des neuen Jahrtausends ging es um den Motorradtransport im Inneren. Designer Studer aus Oberschwaben gestaltete für Dethleffs den Vari 1. Mit großer Heckklappe und einem modernen Möbelbau, der von seiner Frau verschönert wurde, lief der Vari 1 2005 und 2006 in kleiner Stückzahl vom Band in Isny. Langanhaltender Erfolg war dem Modell aber auch nicht gegönnt, denn das Preis-Leistungs-Verhältnis klaffte etwas auseinander, die Heckklappe bereitete technische Probleme.

LMC will mit dem Innovan im Caravan die Luftfederung einführen, scheitert aber an den Kosten.

Mit dem Innovan von LMC kam 2007 ein Caravan mit Luftfederung. Die Technik stammte von Al-Ko aus dem Reisemobilbau. Hinter der Idee steckte Rainer Skotarek, genannt Skotti, der geniale Entwicklungsingenieur bei LMC. Neben demkomfortablen Chassis war der Innovan extrem aerodynamisch und hatte einen Heckeinstieg. LMC wollte mit dem Innovan neue Wege gehen, aber wie so oft waren Preis, Anspruch und Realität nicht unter einen Hut zu bringen. Heute ist der Innovan der Name eines Reisemobils. Den Caravan multifunktional machen war ein Traum um die Jahrtausendwende.

Eifelland Deseo ist der bezahlbare Transporter unter den Caravans...

Den Gordischen Knoten durchschlagen hat letztendlich Knaus 2008 mit seiner damaligen Einsteigermarke Eifelland.

...und der Knaus Deseo 2018 die Konsequenz in Fibreframe.

Die Baureihe Deseo war schon durch pragmatische Form und Funktion aufgefallen und der Kastencaravan Lifestyle folgte dem legendären Flirt. Er war aber leichter und preislich günstiger, da modular aufgebaut. Als Transport auf Tandemachse wollte er die Gemeinde der Biker eher überzeugen, war für diese aber wohl wieder zu profan.

Ein echter Knaller wurde dann der Knaus Deseo 2018 in FibreFrame mit großer Heckklappe und dem Megaansturm auf der CMT. Der Hersteller musste die Bestellbücher schließen, da zu viele Aufträge eingingen. Einige Kunden warten wohl heute noch auf ihren Wagen.

Bürstner bringt mit dem Averso plus das erste Modell mit Bett unterm Dach und verschafft sich eine einzigartige Stellung im Markt.

Schlafen unter der Decke

Der Bürstner Averso Plus war 2009 der erste Hubbett-Caravan. Er kam aus Kehl und entsprang dem Gedanken, kompakte Caravans am Markt zu etablieren, indem das Bett unter der Decke hängt und bei Bedarf herabgezogen wird. Das brachte dem Hersteller sogar einen European Innovation Award ein.

Es blieb nicht bei kompakten Modellen, die wegen ihrer Überhöhe etwas unförmig aussahen. Es wurden auch längst vergessene Grundrisse wie der TK wiederbelebt. Damit die Eltern nicht die Rundsitzgruppe zum Bett umbauen müssen, wurde darüber ein Hubbett installiert, das Schlafkomfort bieten soll.

Lange war das Hubbett für Bürstner in mehreren Größen und Grundrissen ein Alleinstellungsmerkmal. Knaus und Hobby reagierten nur halbherzig mit Einzelmodellen, bis bei Hymer die allgemeine Freigabe gegeben wurde und Dethleffs wie auch LMC Hubbetten anboten, die denen von Bürstner auffällig ähnelten.

Das Knaus Schwalbennest führt den Caravan zurück zu den Wurzeln und...

Einfach nur auffallen

Die Retrowelle auf die Spitze trieb das Schwalbennest von Knaus in 2011. Zum 50. Geburtstag schenkte sich Knaus einen Retrocaravan, der eher ein Replika war. Das Schwalbennest war klein, sehr klein. Es entsprach in etwa dem Original von 1961, war aber perfekter proportioniert und schriller im Design. Im selben Jahr machte der Caravan aber wirklich einen Sprung in der öffentlichen Wahrnehmung.

.. Hobby gelingt mit dem Premium die Wiederaufnahme des Columbus-Designs in schön.

Harald Striewski hatte schon länger an eine neue Oberklasse gedacht. Es entstand der Hobby Premium, die Wiederaufnahme des Columbus-Designs in schön und Großserie. Mit einer aerodynamischen Formgebung stellte der Premium alles in den Schatten, was sich zuvor Caravan nannte.

Typisch Striewski legte er noch einen drauf und bewarb erstmals einen Caravan im TV. Kurz vor der Tagesschau rollte ein fetter BMW X6 mit dem Hobby Premium durchs Bild und proklamierte der TV-Welt: Mein Hobby.

Der Knaus Caravisio ist die Studie des Machbaren und seine Konsequenz der Knaus Eurostar, der 2015 aber floppte.

Zum Caravan Salon 2013 nutzte Knaus die Gunst der Stunde und baute die Studie Caravisio mit einer extremen Anlehnung an den Jachtbau und der Technik der Zukunft, die heute Realität ist. Die Studie war ein Technologieträger, aber es stellte sich die Frage, inwieweit hier die Zukunft mit der Realität kollidiert.

„Der Caravan braucht ein besseres Image, aber er muss auch leichter und billiger werden. Image durch Technik und Design gelingt Caraviso außerordentlich sexy, aber Leichtbau sieht anders aus“, lautet die Kritik damals. Echtes Leben wurde dem Caravisio in 2016 durch den Eurostar 650 eingehaucht. Er übernahm etliche Anleihen, natürlich nicht die Terrasse und auch nicht die Fortune, denn das Modell wurde schon 2017 eingestellt.

Eriba bringt mit dem Touring 820 den Kult in XXL – ein Caravan wie ein Manifest, der ein klares Statement beim Komfort setzt.

Kult in XXL

Bei so viel Pomp und Gloria durfte Bad Waldsee nicht fehlen. Der Eriba Touring 820 hatte 2018 den Codename Odin und war der erste Touring von Eriba ohne Hubdach, aber mit Tandemachse. Inspiriert wurde er von der amerikanischen Ikone Airstream. Er startet bei 75.000 Euro – heute ist der Preis sechsstellig.

Gemein mit dem Touring hatte er die stabilen Gitterrohrrahmentechnik, aber eine Serienausstattung wie Warmwasserheizung, Hubstützsystem und Klimaanlage, die ihresgleichen suchte. Das Interieur luxuriös mit weiß bespannten Wänden und Decken, ledergepolsterten Lounge, V-förmigen Doppelbetten, einem integrierten Bad und einem großen Doppelbett. In Einzelanfertigung bestellbar ist der Touring 820 heute noch die Speerspitze im steten Touring-Programm.

Fendt wagt beim Diamant die Quadratur des Kreises am Heck. Kein anderer Caravan ist so unverkennbar – zumindest von hinten.

Kult waren die Fendts schon lange, aber 2021 wagte Fendt beim Diamant den Schritt nach vorn und war hinten ganz besonders mutig. Mit einem Leuchtenträger aus der Starwars-Ära schmückte Fendt zuerst das Heck des Diamant und dann der gesamten Baureihe. Hier trifft Tradition und Verkaufsschlager auf den Mut, die Zukunft zu gestalten.

Der Hobby Beachy bricht mit allen Vorgaben des Marktführers und schrumpft den Caravan auf seine Basis zurück.

Auf dem Weg zum Kult ist der Hobby Beachy, der 2022 das Licht der Welt erblickte. Mit ganz neuen Ansätzen – oder waren es eher alte? – dachte man bei Hobby ganz anders als bisher. Nicht mit All-inclusive, sondern Mut zur Lücke soll der Beachy das Vanlife in den Caravan bringen. Das erste Setting war spektakulär im Sand des Nordseestrandes und im Sand des Caravan Salons. Nun heißt es: Nur nicht alles in den Sand setzen, denn Kult braucht seine Zeit.

Der Fendt Apero Connect ist der Aufbruch ins IT-Zeitalter beim Camping – das mobile Büro für jedermann und überall.

Das gilt auch für den letzten Vertreter des Aufbruchs in die Moderne – den Fendt Apero Connect. Mit einer spektakulären Zusammenarbeit mit dem IT-Spezialist Sisco begann der Weg für Fendt ins digitale Zeitalter. Der vernetzte Caravan als Basis für Workation soll erst der Anfang sein.

Redaktion
Raymond Eckl
Raymond Eckl ist schon seit 1994 bei Camping, Cars & Caravans und wurde bereits ein Jahr später zum Chefredakteur.
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