Unterschiedlicher können zwei Häfen eigentlich nicht sein. In Livorno ist er über Jahrhunderte gewachsen, verwinkelt, unübersichtlich und etwas angewidert. In Olbia auf Sardinien ist in den letzten Jahrzehnten ein Areal in die Bucht gebaut worden, dass modernster Transportlogistik entspricht – klar strukturiert, breite Fahrstraßen, einfach übersichtlich. Aber was haben diese beiden Häfen gemeinsam?Zwischen ihnen pendeln zwei der größten Fährschiffe der Welt: Seit Mai 2024 die Legacy der Moby-Line immer an den geraden Tagen und an den ungeraden ihr Schwesterschiff Fantasy, das etwas kleiner und auch schon etwas in die Jahre gekommen ist.
Rundreise durch den Norden Sardiniens mit dem Wohnwagen
Sardinien ist seit ein paar Jahren voll im Trend – könnte man meinen. Jeder schwärmt, und die, die schon länger dort urlauben, schimpfen, dass es immer voller wird und die Preise anziehen. Der Anlass unserer Reise ist profan – ein Freund feiert seinen runden Geburtstag auf der Insel, auf der er seit ein paar Jahren ein kleines Häuschen besitzt. Und wenn Sardinien seit Jahren auf der Bucket-List steht, ist das ein guter Grund, die Insel der Nuraghen zu besuchen. Nuraghen sind vorchristliche Behausungen auf Sardinien, die wissenschaftlich noch nicht wirklich aufgearbeitet sind – doch dazu später mehr.
Der Transfer über Livorno oder Genua wurde von der Meldung des Stapellaufs der Legacy beeinflusst. Allerdings ist Stapellauf der falsche Begriff, denn sie kam von einer Werft aus China und nahm im Mai 2024 den Linienverkehr auf. Außerdem erschien uns die Nachtfahrt für den Hund am passendsten. Und da Olbia auch ein guter Start- und Zielpunkt einer Sardinien-Erkundung ist, fiel die Wahl der Fährlinie auf die Moby-Line – eine gute Entscheidung.
Fährüberfahrt nach Sardinien
Abgesehen von der schieren Größe der Legacy – wir haben uns x-mal verlaufen – ist dort alles perfekt. Die Kabinen für Reisende mit Vierbeiner sind gebündelt auf Deck 12. Schöne, moderne Kabinen, hohe Sicherheitsstandards und ein reichhaltiges gastronomisches Angebot zeichnen die Legacy aus. Ein Restaurant bietet sogar Dry Aged Steak zu echt günstigen Preisen, wenn einem 30 Euro für ein Fleisch an Bord nicht grundsätzlich zu viel sind.
Die Nacht ist kurz, und als der Lautsprecher zum Aufbruch Richtung Gespann ruft, ist Orientierung angesagt. Aber das Embarquement geht noch flotter als das Einschiffen, und mit der Morgensonne stehen wir auf der riesigen Asphaltfläche im Hafen von Olbia.
Sardinien ist bergig – sehr bergig sogar. Alle Gebirgszüge verlaufen mehr oder weniger von Nord nach Süd. Unser Zwischenziel „Geburtstagsparty“ liegt aber im Westen in der Bucht von Valledoria. Da die Autobahnen und Autostraßen eher den Tallandschaften folgen, heißt das mit dem Gespann bergauf bergab, um von Ost nach West zu kommen.
Infos und Links
- Assessorato del Turismo Sardegna, Viale Trieste, 105, I-09123 Cagliari, www.sardegnaturismo.it/it
- Italienische Zentrale für Tourismus ENIT, Schaumainkai 87, 60596 Frankfurt / Main, Tel.: 069/686047-65, www.italia.it/en
Links zu Sardinien Tourismus
Infos zu Fähren
- Mobylines, www.mobylines.de
Wir wählen den weiteren Weg obenrum nach Westen, der ist erstens flacher und zweitens auch landschaftlich reizvoller. Nördlich von Olbia beginnt nämlich die Costa Smeralda, und jeder, der an Sardinien denkt, hat oft diese Küste vor Augen. Raus aus Olbia führt uns die breit ausgebaute SS 125 Richtung Palau. Erstes Ziel ist Camping Village Baia Blu La Tortuga in Vignola Mare.
Der ehemalige Leading-Campingplatz liegt direkt am Meer und bietet fast 1.000 Parzellen. Die Hälfte davon ist aber mit Mieteinheiten belegt. Wer nicht gern ins kristallklare Wasser des Mittelmeers geht, kann sich in einem 1.000 Quadratmeter großen Wasserpark vergnügen. Der Platz ist insgesamt ein sehr guter Allrounder, der in Sachen Freizeitangebot für jeden etwas bietet, aber auch nicht billig ist. In der Hauptsaison vermeldet der ADAC einen Familienpreis von 94 Euro. Wir zahlten in der Nebensaison mit Rabattkarte ein Drittel davon.
Von hier sind die Highlights im Nordwesten Sardiniens perfekt zu erkunden. Mondäne Orte mit Jachthäfen, traumhafte Strände, bizarre Felsformationen, aber auch pittoreske Fischerdörfer. Zum Beispiel La Maddalena. Der Archipel besteht aus 60 Inseln inmitten des türkisblauen Meeres. Der Ort La Maddalena selbst bietet einen historischen Kern zum Bummeln und Genießen.
Oder das Naturschutzgebiet Capo Testa ganz im Norden. Hier ganz besonders sind die bizarren Granitformationen, die von Wind und Wasser geformt in den Himmel ragen.
Palau hingegen hat uns etwas enttäuscht, was aber vielleicht auch an der Uhrzeit lag, als wir dort eintrafen. Typisch mediterran wird hier Siesta gehalten und von zwei bis kurz vor fünf erlahmt das Leben. Wir bestaunen die Jachten und schleichen uns von dannen.
Da beeindruckt uns ein Baum bei Santu Baltolu di Carana deutlich mehr. Im Norden des Stausees Lago del Luscia steht der mit seinen geschätzten 4.000 Jahren älteste Baum Italiens, wahrscheinlich ist er sogar der älteste Europas. Der wilde Olivenbaum ist etwa 14 Meter hoch und hat einen Stammumfang von 11,5 Meter, der Wipfel-Umfang zählt etwa 21 Meter. Streng geschützt darf man sich S’Ozzastru nur mit Abstand nähern. Seine zwei kleinen Brüder, die sind 1.000 und 2.000 Jahre jünger, darf man aber berühren.
Auf unserem weiteren Weg Richtung Süden machen wir noch eine Stippvisite in Li Cossi. Ein Nachbar hatte von der Perle der Costa Paradiso geschwärmt – und dies zurecht. Türkisblaues Meer, weißer Sand und rosa schimmernde Felsen sorgen für ein echtes Naturschauspiel. Li Cossi erreichen wir vom Örtchen Costa Paradiso nur zu Fuß über einen schmalen Trampelpfad, aber die kleine Bucht ist es wert. Ganz generell kann man entlang der Küste prima wandern und unzählige wunderbare Buchten auf eigene Faust entdecken.
Wir steuern aber die größte Bucht im Nordwesten an – die Bucht von Valledoria – und beziehen Quartier auf dem gleichnamigen Campingplatz. Nach den vielen Buchten und Steilküsten ist es hier überraschend flach. Der Fluss Coghinas und das Meer haben die Bucht im Laufe der Jahrtausende aufgefüllt und der Mensch Ackerland daraus gemacht. Der Küstenstreifen blieb recht wild, zumal ein Foce, ein Binnensee hinter einem Haff, das Ganze schwer zugänglich machte.
Heute ist der See das Mekka der Kitesurfer. Hier wird ausgiebig trainiert, bis es dann aufs offene Meer geht. Beständige Winde aus Nordwest machten den Küstenabschnitt zum Hotspot der Kiter. Aber auch der Tourismus hat hier geaast und mehrere Feriendorfsiedlungen und Hotelareale geschaffen. Der recht breite Strand und die leicht zu errichtende Infrastruktur haben auch diesen weniger typisch sardinischen Landesteil touristisch aufblühen lassen.
Im Süden begrenzt die Bucht das Städtchen Castelsardo. Eine Stadt mit bunten Häuschen, umrahmt von einer Festungsmauer und hoch oben auf einem Hügel. Die Altstadt Castelsardo wirkt wie dem Bilderbuch entsprungen. Ganz oben thront das Castello die Doria, daneben Cattedrale di Sant’Antonio Abate. Von den mittelalterlichen Zinnen haben wir einen fantastischen Blick, aber auch einen mächtigen Wind, der uns zwingt, auf der Terrasse der Bar Vento die Gläser festzuhalten – da ist der Name Programm. Empfehlenswert sind hier und im Hafen am Abend die zahlreichen Trattorien mit den typischen Spezialitäten der Region, zum Beispiel frische Meeresfrüchte.
Camping Valledoria liegt etwas ab vom Schuss. Ist daher aber schön ruhig, und mit dem Fahrrad ist man in zehn Minuten in Valledoria. Pool und Tennisplatz hat es ebenso wie viel schönen Schatten unter Pinien. Der Platz wurde vor Jahrzehnten filigran terrassiert und parzelliert. Die Rampen zwischen den Mäuerchen sind für manches Gefährt schwer zu bewältigen, sodass der Platz eine witzige Einteilung hat. Insgesamt überraschte uns der hohe Anteil an Campervans, die den Baumbereich bis Saisonende dominierten.
Damit wir auch noch den berühmten Nordosten kennenlernen, ziehen wir den Caravan über Sassari und Budduso quer durch die Insel Richtung La Caletta. Die Küste hier soll berauschend schön sein, aber zuvor wollen wir die Geschichte Sardiniens erkunden. Und diese Geschichte findet sich in den Nuraghen. Diese prähistorischen Turmbauten sind nicht ganz so alt wie die Olivenbäume bei Luras, aber die ersten Bauten stammen aus der Bonnanaro-Kultur.
Sie herrschte auf Sardinen 2200 bis 1600 vor Christus. Bis 400 vor Christus war die Nuraghen-Kultur auf der Insel dominant. Die Römer beendeten sie. Der Zweck der Türme ist umstritten, waren es Kultstätte oder Grabanlagen? Neuere Untersuchungen sehen dahinter eher Wohngebäude mit Schutzcharakter, um die sich im Laufe der Jahrhunderte Siedlungen gebildet haben, die heute nicht mehr da sind. Es gibt sie überall auf der Insel, aber in Santu Antine bei Torralba ist eine der größten mit einem fast 18 Meter hohen, gut erhalten Hauptturm. Er zählt zu den höchsten auf Sardinien. Das Denkmal im Tal der Nuraghen ist touristisch erschlossen und besonders sehenswert.
Über vier Gebirgszüge geht es nach La Caletta. Camping Porto Sos Alinos liegt in einem Kiefernwald direkt am Meer. Er wird in kaum einem deutschen Campingführer gelistet, ist aber auch kein echter Geheimtipp. Die haben es einfach nicht nötig und machen viel auf Vermietung. Obwohl wir nur zwei Tage bis Saisonschluss hatten, wurden wir aufgenommen und es hat sich doch gelohnt. Ein schöner Campingplatz, ruhig und ohne viel Animation – auch in der Hauptsaison, sagten uns Stammgäste. Am Morgen gäbe es zwar Yoga, aber das war’s. Die Sanitäranlagen sind tipptopp und der Strand ein Trau.
Ein wahrer Traum wird dann aber etwas weiter südlich wahr. Wir beschließen, den Strand von Cala Luna zu besuchen. Das geht nur zu Fuß oder per Boot. Wir wählen nicht nur aus Kostengründen ersteres und werden nicht enttäuscht. Nach zwei Stunden sind wir dort und überschwemmt mit landschaftlichen Traumbildern. Überschwemmt ist aber auch der Strand, denn die Boote sind voll mit Menschen, die den Fußmarsch scheuen. Trotzdem hat es sich gelohnt.
Aber es geht schnell auch weiter, denn die Fähre in Olbia wartet nicht. Wir bauen einen Puffer ein und parken den Caravan noch am Hundestrand von Olbia. Die Salina Beach im Süden der Bucht von Olbia bietet kristallklares Wasser und saubere Strände. Am besten ist aber der Strandimbiss Soelmi Beach Bistrot. Auch hier ist Kiten angesagt, allerdings eher für Anfänger, und in den kleinen Dünen gibt es einen Parkplatz für Womos. Da parken wir auch den Caravan für vier Stunden, bis es zur Einschiffung geht. Aber Vorsicht: Die Spuren der Büsche links und rechts sehe ich heute noch im Lack.
Da wir die Überfahrt von Freitag auf Samstag verschoben haben, ist auf dem Rückweg nach Livorno nicht die neue Legacy am Start, sondern die schon etwas in die Jahre gekommenen Fantasy. Aber was heißt Jahre. Die Kabinen sind tipptopp. Sie ist übersichtlicher, da doch etwas kleiner als die Legacy, und wir stehen mit dem Gespann perfekt in der Reihe an einem Aufgang. Schon auf der Hinfahrt sind uns ein paar Sackgasen aufgefallen, die es hier auch an Bord gibt. Wer da mit dem Gespann landet, kann beim Rausfahren so richtig in Schwitzen kommen, denn es heißt, das Gespann einige Meter rückwärts bugsieren, um auf die Ausfahrtsrampe zu kommen.
An Deck genießen wir die laue Spätsommerluft und wundern uns über viele bekannte Gesichter. Die hatten wir am Nachmittag doch alle am Hundestrand getroffen. So klein kann die Welt sein.
Unsere Rundfahrt durch den Norden Sardiniens waren netto gerade mal 350 Kilometer. Gut brutto, also mit den Solofahrten, waren es dann auch fast 800 Kilometer, und wir haben nur einen Bruchteil der Insel erkundet. Ergo: Teil zwei und drei müssen folgen, aber vielleicht fassen wir die Mitte und den Süden Sardiniens auch zusammen und nehmen uns mehr Zeit als nur 14 Tage.
Adresssen Campingplätze auf Sardinien
- Camping Village Baia Blu La Tortuga, I-07020 Vignola Mare, Tel.: 0039/079602200, info@campinglatortuga.com, www.campinglatortuga.com, ADAC-Vergleichspreis: 94 Euro
- International Camping Valledoria, La Ciaccia, 39, I-07039 Valledoria, Tel.: 0039/079584070, info@campingvalledoria.com, www.camping valledoria.com, ADAC-Vergleichspreis: 48 Euro
- Camping & Bungalows Porto Sosàlinos, S.S. 125 km 234,5 I-08028 Orosei, Tel.: 0039/0784-91044, info@portososalinos.it, www.portososalinos.it/de, ADAC-Vergleichspreis: 45 Euro