Kennen Sie Paul Walther? Zum einen ist es ein Schauspieler aus Berlin, zum anderen der Name des DCC-Campingplatzes bei Rottenburg am Neckar. Von hier sind vier bis fünf Kilometer – mit dem Rad kein Problem – bis zu den Sehenswürdigkeiten der schwäbischen Kleinstadt. Über die gibt es Wissenswertes in der Tourist-Info am Marktplatz 24, wo unser Stadtrundgang beginnen sollte.
Quasi vor der Haustür plätschert Wasser aus einer der schönsten gotischen Brunnensäulen Südwestdeutschlands. Das Original stammt aus dem Jahr 1483. Der Brunnen dokumentiert Rottenburgs lange Zugehörigkeit zum habsburgischen Vorderösterreich. Die Fürstenbildnisse zeigen vermutlich den Habsburger Kaiser Friedrich III, Erzherzog Sigmund von Tirol und Erzherzog Siegfried IV von Tirol. Die weiteren Figuren sind religiöse Darstellungen. Auf dem Marktplatz befindet sich die Nachbildung von 1911, als der Brunnen in seiner heutigen Form erschaffen wurde. Tipp: Das Original bewahrt die St. Morizkirche, erbaut um 1300, aus konservatorischen Gründen – zusätzlich zu vielen anderen Kunstschätzen.
Doch zunächst heißt es, den Dom St. Martin neben dem Brunnen zu besuchen. Im 12. Jahrhundert war das Bauwerk die Liebfrauenkapelle am Markt, seit Ende des 15. Jahrhunderts die Pfarrkirche St. Martin – und seit 1828 Bischofskirche der Diözese Rottenburg-Stuttgart. Der Stadtbrand von 1644 zerstörte das Kirchenschiff, es wurde bis 1655 neu aufgebaut.
Der spätgotische Kirchturm, 1486 bis 1491 von dem Rottenburger Hans Schwarzacher errichtet, gilt als Wahrzeichen der Stadt. Der achteckige Turmhelm erhebt sich über dem quadratischen, durch Gesimse in Geschosse gegliederten Schaft. Innen sind Haupt-, Chor- und Truhenorgeln zu sehen und zu hören. Tipp: Regelmäßig finden in dem großen Gotteshaus Konzerte statt. Doch auch die zwölf Glocken des Doms klingen unüberhörbar über Rottenburg. Das Bischöfliche Ordinariat hat seinen Sitz in dem Palais am Eugen-Bolz-Platz 1. Der 2013 renovierte Gebäudekomplex steht mitten in der Innenstadt an einer Stelle, die nachweislich 7.000 Jahre lang besiedelt ist.
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Infos und Adressen Rottenburg am Neckar
Rottenburg liegt 50 Kilometer südwestlich von der baden-württembergischen Landeshauptstadt Stuttgart am Neckar. Die Römer- und Bischofsstadt ist Sitz der katholischen Diözese Rottenburg-Stuttgart und hat 44.700 Einwohner. Der Neckartalradweg ist der bekannteste der Radwege, die durch die Altstadt führen. Reisemobilisten finden zwei Übernachtungsmöglichkeiten.
- Tourist-Info, Marktplatz 24, 72108 Rottenburg am Neckar am Marktplatz,
Tel.: 07472/916236, www.rottenburg.de, www.wtg-rottenburg.de - Rathaus, Obere Gasse 15, Tel.: 07472/9330, www.rottenburg.de
- Dom St. Martin, Marktplatz 1, Tel.: 07472/937860, www.dom-st-martin.de
- Diözesanmuseum, Karmeliterstraße 9, Tel.: 07472/922180, www.dioezesanmuseum-rottenburg.de (voraussichtlich geschlossen bis Herbst 2025)
- St.-Moritz-Kirche, St.-Moritz-Platz 1, Tel.: 07472/6580, www.st-moriz.de
- Sumelocenna – Römisches Stadtmuseum, Stadtgraben, Tel.: 07472/165-371, www.rottenburg.de
- Kirchberger’sche Haus, Königstraße
- Sülchgau-Museum, Bahnhofstraße 16, Tel.: 07472/165351, www.rottenburg.de
- Narrenbrunnen, Bahnhofstraße
- Pizzeria Da Nico, Rutenweg 11, Tel.: 07472/917440
- Gaststätte Hirsch, Ehinger Platz 17, www.hirsch-rottenburg.de
Nicht ganz so weit reicht das Priesterseminar der Diözese Rottenburg-Stuttgart zurück: Die erste Anlage des Karmeliterklosters, aufgehoben 1806, stammt von 1281, die heutigen Gebäude wurden nach den Stadtbränden von 1644 und 1735 errichtet. Die ehemalige Klosterkirche ist 1996 zum öffentlich zugänglichen Diözesanmuseum ausgebaut worden – es zählt zu den bedeutendsten Sammlungen des Landes. Zu sehen sind religiöse Kunst aus dem süddeutschen und schwäbischen Raum, etwa spätgotische Tafelbilder, Skulpturen und Reliquiengläser. Die Diözesanbibliothek befindet sich mit 150.000 Bänden in den oberen Räumen.
Auf kirchlichen Ursprung geht auch das älteste Haus Rottenburgs zurück: Der Fachwerkbau in alemannischer konstruktionsweise stammt aus dem Jahr 1440. Das Gebäude gehörte von 1688 bis zur Aufhebung 1782 den Franziskanerinnen der Oberen Klause, deshalb wird es Nonnenhaus genannt.
Doch es geht auch (halbwegs) weltlich: Eine Statue des Sankt Nepomuk wacht seit 1732 über die Josef-Eberle-Brücke. In Auftrag gegeben hat sie der St. Moriz-Chorherr Josef Anton Neupp. Doch damit nicht genug: Eine weitere Statue des böhmischen Brückenheiligen steht gegenüber am Haus am Nepomuk, dem Fachwerkensemble im sogenannten Unterwässer, wie der Neckar hier genannt wird.
Doch es gibt viel mehr interessanter Häuser in Rottenburg, etwa das Rathaus. Erbaut wurde es nach dem zweiten großen Stadtbrand von 1735 durch Johann Felder aus Bezau im Bregenzerwald, der dem Gebäude – kein Wunder – seinen Vorarlberger Barockstil verpasste. Dieser Profanbau ist das vierte Rathaus an dieser Stelle, sein Vorgängerbau ist schon 1427/28 erwähnt. Das Kirchberger’sche Haus entstand als fränkisches Fachwerkhaus 1569. Nach 1588 fungierte das prächtige Gebäude als Sitz der aus Österreich stammenden Adelsfamilie Kirchberger von Kirchberg. Noch heute strahlt es Macht und Reichtum aus.
Tipp: In seiner Umgebung stehen weitere Häuser des 14. bis 17. Jahrhunderts, die teils den Typ des Rottenburger Weingärtnerhauses repräsentieren. Eines davon steht in der Kapuzinergasse. Allesamt erinnern sie an den bis ins 17. Jahrhundert sehr bedeutenden Rottenburger Weinbau. Andere Bauwerke zeugen von der wechselhaften Vergangenheit. Dazu gehört der Ritterbrunnen: Das Standbild eines Ritters im Landsknechtkostüm mit der Kette des Ordens vom Goldenen Vlies, gestützt auf rot-weiß-rotem Schild (Kopie von 1974), gilt als Symbol für die österreichische Landeshoheit. Das Original steht heute im Sülchgau-Museum.
Dieses Museum residiert im Kulturzentrum Zehntscheuer und birgt die Dauerausstellung „Vorderösterreich 1381 bis 1806“ sowie Wechselausstellungen zur Stadtgeschichte. Das imposante Gebäude stammt aus dem Jahr 1645 und war ursprünglich Sammelstelle für die Naturalabgaben (den Zehnten) an die österreichische Landesherrschaft. Zwei Doppeladler schmücken als Relief die Nord- und Ostseite des Gebäudes. Unmittelbar daneben steht die herrschaftliche Stadtmühle. Tipp: Das Ensemble dient seit 1983 nach gründlicher Instandsetzung als städtisches Kulturzentrum.
Gleich nebenan: Die Brücke von alt zu neu, von traditionell zu modern, schlägt der Narrenbrunnen des Künstlers Gerold Jäggle aus dem Jahr 2009. Die mehr als fünf Meter hohe Bronzesäule zeigt Figuren und Bräuche der Rottenburger Fasnet, eine spezielle Art der Fastnacht. Das Fundament bilden die vier Hauptmasken „Ahland“, „Pompele“, „Hexe“ und „Laufnarr“. Auf der Spitze thront Schirmherrin Gräfin Mechthild, die 1452 die erste Vasnachten ausrichtete.
An die Gerichtsbarkeit im Mittelalter erinnern der Zwinger als Teil der östlichen Stadtbefestigung um das ehemalige Kiebinger Tor. Das Scharfrichterhaus im Amannhof 13, Wohnung des Rottenburger Scharfrichters, wurde an den 1779 abgebrochenen Kriminalturm im Zwinger angebaut. Der runde Zwingerturm mit Scharfrichterhaus aus dem 14. Jahrhundert bilden den Schwerpunkt dieser Anlage.
Noch weiter zurück geht es im Sumelocenna, dem Römischen Stadtmuseum. Es wurde 1992 eröffnet und zeigt einen originalen Ausschnitt der antiken Vorgängerstadt Sumelocenna, die von 80 bis 260 nach Christus existiert hat, mit vielen Funden. Kernstück ist eine öffentliche römische Latrinenanlage, die größte bekannte nördlich der Alpen. Im Lapidarium vor dem Museum stehen Repliken römischer Steinmonumente sowie eine Jupitergigantensäule.
Nach solch abwechslungsreichem Rundgang fehlt auf dem Weg zurück zum Campingplatz nur eine fröhliche Einkehr. Die befindet sich auf dem Heimweg zum Campingplatz in der Ehinger Straße unweit vom Neckar. Dort gibt es den Hirsch mit typisch schwäbischer Küche.
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Campingmöglichkeit in Rottenburg am Neckar
Campingplatz Paul Walther, Schadenweilerstraße 133, 72108 Rottenburg am Neckar, Tel.: 07472/7301, info@campingclub-stuttgart.de, www.campingclub-stuttgart.de
Der ehrenamtlich geführte Campingplatz liegt am Waldrand und ist eine unparzellierte Streuobstwiese. Es gibt einen Fischteich und viele Möglichkeiten der Entspannung und Erholung. Mit 70 Jahren ist es der älteste Club des Landesverband Württemberg im Deutschen Camping-Club. Der Platz bietet 50 touristische Stellplätze, Vergleichspreis: 30 Euro.