Weinköniginnen aus den badischen Weinregionen kennt man – aber eine Zwetschgenkönigin? Diese gibt es seit 1927 in Bühl am Fuße des Schwarzwaldes, rund 15 Kilometer südlich von Baden-Baden. Sie repräsentiert die „Bühler Frühzwetschge“ in der Stadt und ihrer Umgebung. Auch ein Zwetschgenfest, das normalerweise jährlich im September in der Innenstadt gefeiert wird, zeigt den Stellenwert auf, den die Frucht viele Jahrzehnte innehatte. Aber wie gehören Bühl und die blaue Frucht zusammen?
Die vielseitig verwertbare Zwetschgensorte wurde im Jahr 1840 im Bühler Stadtteil Kappelwindeck als „Zufallssämling“ gefunden. Sie wurde also nicht gezüchtet, sondern ist Nachkomme einer zufälligen Population. Die Verbreitung dieser Pflaumensorte fand zunächst in der direkten Umgebung statt. Ende des 19. Jahrhunderts wurde die Bühler Frühzwetschge in viele Regionen Europas geliefert. Ihre Besonderheit ist die Widerstandsfähigkeit und frühe Reife. So gilt sie als Referenzsorte für den Reifezeitpunkt aller Zwetschgen und Pflaumen in Deutschland: Alle Sorten, die vor ihr reifen, zählen zu den Frühsorten und alle, die ihr folgen, zu den Spätsorten.
Der wirtschaftliche Stellenwert des Zwetschgenanbaus für die Region hat in den letzten 50 Jahren jedoch erheblich an Bedeutung verloren. Während Ende der 1950er-Jahre in Mittelbaden noch knapp 20.000 Tonnen Früchte für den Frischverzehr geerntet wurden, waren es 2016 gerade noch 720 Tonnen. Gründe hierfür sind, dass sich niedriger wachsende Bäume durchgesetzt haben aufgrund der leichteren Ernte. Zudem verlangt der Handel eher größere Zwetschgen und die Verbraucher mögen inzwischen ihr Obst deutlich süßer, die Bühler Frühzwetschge ist ihnen schlichtweg zu sauer. Nichtsdestotrotz begegnet man den Zwetschgen weiterhin überall in Bühl und der Umgebung – als Kuchen, Marmelade und Knödel und natürlich in hochprozentiger Form als Zwetschgenwasser.
Die Stadt Bühl mit ihren 30.000 Einwohnern, der lebhaften Innenstadt, der Fußgängerzone mit zahlreichen Geschäften und Cafés bietet sowohl Kultur und Kulinarik als auch Natur pur. Wenn von Bühl die Rede ist, wird häufig die Provence als Vergleich ins Spiel gebracht. So wird die Stadt zusammen mit Bühlertal und Ottersweier auch die „Provence Badens“ genannt. Dafür sorgt die exponierte Lage wie ein Balkon zwischen Rheinebene, Weinbergen und Schwarzwald – eine ideale ganzjährige Ferienregion für Aktive und Familien, denn hier treffen Lebenskultur und die Natur aufeinander. Dabei wird neben dem Genuss insbesondere das Wandern und Radfahren groß geschrieben – bei 800 Metern Höhenunterschied gibt es viele Möglichkeiten: von gemütlichen Runden bis zu ausgedehnten Tagestouren.
Den Schwarzwald und die Weinberge im Rücken, geht es mit dem Rad bei der Bühler Landpartie auf einer flachen Rundtour Richtung Rhein, der seit jeher eine besondere Anziehung hat. Dort liegt auch das Camping- und Freizeitzentrum Oberrhein. Eine verlängernde Variante der Radtour führt direkt daran vorbei.
Ebenfalls weit über die Stadtgrenzen bekannt ist der Wein der Affentaler Winzergenossenschaft, einer der ältesten Winzerzusammenschlüsse Deutschlands. Bei einem Besuch bleiben neben den qualitativ hochwertigen Weinen sicherlich der Name und die damit verbundene prägnante Affenflasche im Gedächtnis. Aber was hat es damit auf sich? Denn Affen leben tatsächlich nicht in und um Bühl.
Der Ursprung liegt im Mittelalter. Bereits um das Jahr 1250 wurde vom Kloster Lichtental aus Wein angebaut. In der Nähe der Weinberge stand eine von zahlreichen Pilgern besuchte Kapelle. In Anlehnung an das „Ave Maria“, das dort regelmäßig gesungen wurde, wurde das Tal der Legende nach „Ave Tal“ genannt, woraus der Volksmund schließlich das Affental machte. Woher Ende der 1940er-Jahre die Idee kam, die Weinflaschen mit einem Affen zu dekorieren, ist nicht zweifelsfrei geklärt. Man geht jedoch davon aus, dass ein Apotheker aus Karlsruhe das auffällige Design entwarf. Heute ist die Affenflasche mit ihrem kupfer- und goldfarbenen Affenrelief über die Landesgrenzen bekannt.
Die Abnehmer kommen aus den USA, China und Kanada. Sogar bis Australien wird der Traditionswein verschickt. Die Winzergenossenschaft, eine der vielen im Weinparadies Ortenau, will aber nicht nur Weine verkaufen, sondern Wein auch erlebbar machen. So bietet sie ihren Gästen neben öffentlichen Weinproben und Verköstigungen in der eigenen Vinothek auch Keller- und Weinbergführungen an.
Radfahren und dabei regionale Produkte einkaufen und genießen, können Gäste auf der etwa 45 Kilometer langen Hofladentour. Der Weg führt vorbei an diversen Hofläden, die zu einem Zwischenstopp einladen. Das Angebot reicht von Obst und Gemüse, unter anderem Spargel und natürlich die Zwetschgen, über frisch gebackene Bauernbrote bis hin zu Fleischwaren aus eigener Tierhaltung. Die Tour bietet die Möglichkeit, direkt Kontakt mit den Erzeugern aufzunehmen, Fragen zu stellen und eventuell sogar ein bewährtes Hausrezept zu erhalten.
Der Genuss wird ebenso bei der Kappler Genusstour groß geschrieben. Auf einer Länge von neun Kilometern führt der Rundwanderweg von Kappelwindeck durch die typische Landschaft der Ortenau mit Streuobstwiesen, Weinbergen und Mischwald zur malerischen Burg Windeck hoch über dem Ort. Der Panoramaweg bietet abwechslungsreiche Natur, tolle Ausblicke ins Rheintal und ins Elsass sowie regionale kulinarische Genüsse bei den beteiligten gastronomischen Betrieben, wobei jeder Gang bei einem anderen Restaurant serviert wird. In der Regel findet der kulinarische Wandertag jährlich im Mai statt, eine Reservierung ist unbedingt notwendig. Für Gruppen bieten die Gastronomen jedoch auch individuelle Termine des Dinner-Hoppings an.
Wer die Höhenmeter vom Ort aus nicht bewältigen möchte, kann direkt beim Parkplatz Windeck starten und die Burg der Herren von Windeck besuchen. Gebaut vor mehr als 800 Jahren auf einem Bergsporn, wurde die Burg von den Grafen der Umgebung zu keiner Zeit eingenommen. Nicht zuletzt halfen dabei die dicken Mauern und der Eingang im vierten Stock. Heute ist die Anlage noch als Ruine erhalten. Der Hauptturm ist begehbar und am Fuße der Burg befindet sich ein Spielplatz.
Der Wanderparkplatz ist auch Ausgangspunkt des Bühler Walderlebnispfades. Nachdem der bestehende Waldlehrpfad in die Jahre gekommen ist, soll hier bis 2024 ein komplett neuer waldpädagogischer Weg entstehen, der die Identifikation mit der Natur und der Heimat stärken soll. Geplant sind Stationen zu den Themen Tiere und Jagd, Nutzung und Funktion sowie Holznutzung. Erste konnten bereits realisiert werden. An den Pfad schließt der Achtsamkeitspfad an und führt ebenfalls auf einem schmalen Pfad durch den Wald. An insgesamt sechs Stationen regt er den Wanderer an, den Wald und sich selbst mit allen Sinnen bewusst wahrzunehmen. Meditative Übungen sollen den Stress abbauen und helfen, sich auf den Moment und die Besonderheiten des Waldes zu konzentrieren. An den Stationen befinden sich Schilder mit QR-Codes. Dort oder auch schon zu Hause lassen sich Audio-Anleitungen herunterladen und per Smartphone anhören. Die Wälder oberhalb von Bühl bieten einen guten Vorgeschmack, was der nördliche Schwarzwald auf seinen Höhenrücken zu bieten hat. So ist Bühl Portalgemeinde des Nationalparks Schwarzwald zwischen Freudenstadt und Baden-Baden und Teil der gleichnamigen Region.
Es wird deutlich, dass die Ferienregion Bühl-Bühlertal-Ottersweier viel zu bieten hat und ihre zentrale Lage sie zu einem idealen Ausgangspunkt für Ausflüge macht: Ob der Schwarzwald mit seinen Wäldern und Grindenhochflächen oder der Europapark in Rust, Baden-Baden oder Straßburg und das Elsass – viele Ziele können bequem erreicht werden.