Seit einigen Monaten rollen im kanadischen Cambridge Caravans vom Band, die einem deutschen Klassiker verblüffend ähnlich sehen. Was steckt dahinter?
Noch bevor die Manager von Thor die Erwin Hymer Group für 2,3 Milliarden Euro kauften, war die EHG selbst in Kanada tätig und hatte 2016 Roadtrek gekauft. Deren Chef Jim Hammill war vom Eriba Touring so angetan, dass er schon kurz nach der Umfirmierung zur Erwin Hymer Group North America (EHGNA) beschloss, den Touring auf dem amerikanischen Kontinent zu platzieren. Vintage und Downsizing, also Retro-Optik und Leichtgewicht, sind dort gerade total im Trend. Einige Vermietstationen hatten sogar schon 2017 Werbung mit den neuen Reisecaravans gemacht, die sie als Gespann mit einem Jeep Wrangler vermieten wollten.
Es dauerte aber noch, bis im Frühsommer 2018 der erste Touring made in America – oder besser in Canada – vom Band rollte. „Wir haben uns damals schon gewundert, als die Kanadier vier Tourings bei uns bestellt haben“, erinnert sich Rudi Fimpel, der Eriba-Geschäftsbereichsleiter. Allerdings ahnte er damals nicht, was die Kanadier vorhatten. Es gab auch keine weitere Kontaktaufnahme mit den Spezialisten in Bad Waldsee. Nun ist auch klar, warum.
Dieser Hymer Touring sieht zwar aus wie ein Touring, ist aber keiner. Er wird nämlich in Monocoque-Bauweise aus zwei Kunststoffschalen gefertigt, hat also keinen Gitterrohrrahmen, aber das typische Hubdach.
Alles steht auf einem typisch amerikanischen Chassis mit einem hydraulischen Bremssystem. Innen folgt er dem deutschen Vorbild bei Form und Farbe des Möbelbaus, aber nicht konsequent: Statt des Bades gibt es größere Betten und die Ausstattung ist ab Werk umfangreicher. Batterie, City-Wasseranschluss oder Warmwasser sind an Bord, mit einer Klimaanlage kann alles noch ergänzt werden. 26.460 US-Dollar oder 29.397 kanadische Dollar ruft Roadtrek für den Hymer Touring auf, das sind rund 23.000 Euro – fast wie bei Eriba.
Dass Roadtrek die Kultcaravans Hymer Touring nennt, ist dem Marketing geschuldet. Weder Eriba noch Hymer sind dem Nordamerikaner ein Begriff. Da es auch Hymer-Kastenwagen gibt, ist die Markteinführung unter demselben Namen einfach logischer. Die Zuversicht von Jim Hammill ist absolut berechtigt, denn auch in Nordamerika dürften sich aufgrund der Ressourcen- und Umweltschonung die Ansprüche verändern. Kompakte Reisecaravans wären darauf eine Antwort im Bereich Camping.
Den Touring anders zu fertigen, es muss ja nicht Glasfaser-Kunststoff sein, war übrigens auch in Bad Waldsee schon öfter ein Thema. Es bleibt spannend, wie sich das im neuen Gesamtgebilde Thor und EHG darstellen wird.