Es ist Nacht geworden im Pillerseetal. Ein stiller Adventsabend legt sich über Camping Fieberbrunn. Andächtig soll sie sein, diese Zeit vorm großen Fest. Doch was tut sich da? Wilde, gefährlich aussehende Gesellen streifen in kleinen oder größeren Gruppen durch die Hauptstraße. Ein großer Platz im Ortszentrum ist ihr Ziel und gleichzeitig ein Spektakel, das eigentlich mit Besinnlichkeit wenig zu tun hat. Aber, und das ist wichtig, es ist seit Jahrhunderten gelebtes Brauchtum – die Krampusse sind unterwegs.
Adventszeit in den österreichischen Alpen
Jedes Jahr im Advent treffen sich viele Vereine aus der Umgebung in Fieberbrunn, um ihrem eigenwilligen „Handwerk“ nachzugehen. Da geht es wirklich wild zu. Es sind nicht nur die gruseligen Masken, die geschickte Schnitzerhände seit Jahrzehnten für die Krampusse fertigen, und es sind auch nicht nur die riesigen Kuhglocken, die manche der verrückten Gesellen um den Laib tragen und für den rechten Lärm sorgen, nein, es ist auch Feuriges, das für das ganz besondere Fluidum der Auftritte der einzelnen Gruppen sorgt.
Tausende Schaulustige drängen sich um den Platz. Immer darauf bedacht, dem verrückten Treiben nicht zu nahe zu kommen. Besonders die jungen Mädchen haben es den Krampussen angetan. Ihr Kreischen komplettiert die Zeremonie. Eine gute Stunde geht es rund, dann zerstreuen sich nicht nur die Krampusse, sondern auch die Schaulustigen. Auch der Nikolaus, der im bunten Chaos den friedlichen Part spielte, hat für diesen Abend sein Tagwerk vollbracht. Die Kinder konnten sich über kleine Geschenke freuen, die er und seine Engel im Gepäck hatten.
Christkindldorf am Pillersee
Doch schon am nächsten Tag wird klar, Advent im Pillerseetal lebt auch von Kontrasten. Größer kann der Unterschied zum gestrigen Abend kaum sein. Ganz im Zeichen des Magischen Advents, so bewirbt die Region die Wochen vor dem Fest, lädt an zwei Wochenenden das Christkindldorf am Pillersee zu romantischen Stunden ein. Wenn sich im Wasser des Sees der Schein der vielen Lichter und Fackeln spiegelt, wenn der Duft von leckeren Backwerk, Punsch und Glühwein in der Luft liegt und die Weisenbläser für die rechte Untermalung sorgen, dann ist der Advent so heimelig, wie man ihn aus Kindertagen kennt und wie man ihn sich gern in Erinnerung ruft.
Kleine Buden sorgen für manch vorweihnachtliches Souvenir und natürlich auch für das leibliche Wohl. Am Lagerfeuer brutzeln Kinder ihren Stockkuchen. Kleine Lämmer freuen sich über Streicheleinheiten. Inmitten der tiefen Nacht des umgebenden Waldes ein kleines Stück heiterer Gelassenheit.
Iris Waltl gehört mit ihren originellen und weit übers Tal bekannten und beliebten „Coolen Clogs“ ebenso zu den Händlern, die ihre Ware präsentieren, wie Melanie und Giddi Treffer von der örtlichen Genusswerkstatt. Vater und Tochter, bekannt für ihre hochprozentigen Schätzchen, haben sogar eine kleine Brennblase mitgebracht. Für die echte Stimmung ist also auch von dieser Seite aus bestens gesorgt.
Fünf kleine Dörfer gehören zum Pillerseetal. Da gibt es manch besonderen Brauch, der gerade auch in der Adventszeit hoch gehalten wird. Das Tal lebt den Advent und so gibt es reichlich andere, stimmungsvolle Veranstaltungen. Das reicht über die traditionelle Krippenausstellung und den Barbaramarkt bis hin zum Einzug des Nikolaus. Wenn auch nicht auf die Adventszeit beschränkt, so gehören auch Glocken irgendwie dazu.
Dafür zuständig ist Glockengießer Wolfgang Olivier. In Lugmair’s Metallgießerei in Waidring sorgt der 54-Jährige seit 1991 für den guten Ton. Und das bereits in 5. Generation. Rund 6.000 Stück verlassen jährlich die Gießerei. Viele stehen in Vereinsheimen oder in Vitrinen, doch letztlich gibt er mit seinen Glocken auf den Almen den Ton an. Der größte Teil kommt an Kuhhälsen an die frische Luft. Das freilich dann in einer anderen Jahreszeit. Doch eine Stippvisite bei Wolfgang Olivier lohnt auch im Winter.
100 Kilometer weiter westlich führt die Sixenstraße zum Alpen Caravan Park Achensee. Kurz vor dem Platz steht der Sixenhof, das Heimatmuseum im Achental. Hier, direkt am See, hat man mit der „Tiroler Bergweihnacht“ etwas ganz Besonderes geschaffen. Zeit für Besinnlichkeit. Tritt man in den historischen Tiroler Einhof ein, fällt der heutige Alltag von dem Besucher ab. Hier ist jeder am Ziel, der mehr über die alten Bräuche der Region erfahren möchte. Doch zu allererst macht das Klirren von Ketten neugierig, neugierig auf den Stall und das, was einem dort erwartet. Immerhin wird doch mit einem besonderen Adventserlebnis gelockt. Die lebensgroße Krippe der „Tiroler Bergweihnacht“.
Weihnachtskrippen gibt es in den Alpendörfern reichlich – große, kleine, alte oder auch moderne. Nirgends jedoch stimmen Kettengeräusche auf den Besuch ein. Dabei gehörten gerade die Tiere zu den ersten, die im Stall bei Jesus Geburt dabei waren. Lebensgroße Figuren im Stil der Region bilden eine lebensechte Krippengruppe. Maria, Joseph und die drei Könige, perfekt wird der erste Eindruck durch Esel und Ochs, die dem Stall die entsprechende authentische Ausstrahlung verleihen. Heu duftet ringsum, und auch die beiden Mutterschafe mit ihren Zwillingskindern verstärken die anheimelnde Atmosphäre.
Doch nicht genug, das Ganze erhält noch einen besonderen Rahmen. Aus dem „Off“ ertönt eine sonore Stimme und rund 25 Minuten wird die alpenländische Version der Geschichte von der Geburt Jesu erzählt. Stimmungsvolle Bilder, passend zu Erzählung von einem Beamer an die alte Stellwand gemalt, unterstreichen das Gesagte. Das leise Klirren der Ketten von Ochs und Esel sowie das lustige Treiben der kleinen Lämmer beim Kampf um ihre „Milchbar“ dringt sanft durch den Raum und vermischt sich mit der ruhigen Stimmung des Nachmittags. Am Ende, alle sind schon im richtigen Weihnachtsmodus angekommen, erklingt „Heilige Nacht“, wohl das bekannteste und beliebteste Weihnachtslied der Welt.
Und dazu gibt es gerade hier am Achensee einiges zu sagen, ist die weltweite Verbreitung des Liedes nicht zuletzt den Geschwistern Rainer aus der Region zu verdanken, die das Lied über Jahrzehnte aus der heimatlichen Umgebung hinaus in die Welt trugen. Dabei war es wohl weder Hilfspfarrer Joseph Mohr noch dem Arnsdorfer Dorfschullehrer und Organist Conrad Franz Xaver Gruber bewusst, welchen „Jahrhundert-Song“ sie am Heiligabend 1818 erstmals der Öffentlichkeit präsentierten.
In der kleinen Schifferkirche St. Nikola in Oberndorf bei Salzburg ließen sie, von Mohr auf der Gitarre begleitet, das Weihnachtslied „Stille Nacht, Heilige Nacht“ erklingen. Bereits ein Jahr später kam das Lied zu den Geschwistern Rainer, die als fahrende Händler und Musiker ihren Lebensunterhalt mehr schlecht als recht verdienten. Nach einem Auftritt vor Kaiser Franz I. und dem russischen Zar Alexander der Große im Kaiserzimmer auf Schloss Fügen 1822 nahm die Karriere der singenden Geschwister Fahrt auf und in der Folge waren sie unter anderem in Russland, Deutschland, Großbritannien und letztlich auch in Amerika unterwegs. Der Siegeszug des Liedes war nicht mehr aufzuhalten.
Traurige Berühmtheit erreichte es 1914 im zweiten Weltkrieg, in dem deutsche und britische Soldaten in den Schützengraben der Westfront beim sogenannten „Weihnachtsfrieden“ gemeinsam dieses Lied anstimmten. In einer Stimmung, die kaum trauriger und wehmütiger hätte sein können. Bisher soll es in 300 Sprachen übersetzt worden und auf Abermillionen Tonträgern erschienen sein. Allein 30 Millionen Singles sind von der Version, die Bing Crosby 1934 in seiner Weihnachtssendung sang, über die Ladentische gegangen.
Ja, und an all dem hatten halt Ludwig Rainer und seine Geschwister großen Anteil. Rainer, der sich als wohlhabender und weitgereister Mann 1868 in Achenkirch niederließ und ein nobles elegantes Hotel errichten ließ, verstarb 1893 72-jährig und fand seine letzte Ruhestätte auf dem örtlichen Friedhof. Während das prächtige Hotel nach einem Großbrand abgerissen werden musste, lädt die kleine Seehofkapelle von Ludwig Rainer zu einem Besuch ein. Ist man mit Museumspädagoge Franz Lückemeyer unterwegs, einem ausgewiesen Rainer-Kenner, ist der Schlüssel dazu mit dabei.
Übrigens auch für einen ausführlichen Besuch im Heimatmuseum Sixenhof, dem man nach der Krippenschau auf jeden Fall noch etwas Zeit widmen sollte, ist der „Franz“ die optimale Begleitung. Das, was in den 17 Museumsräumen zu sehen ist, lohnt. Außerdem, und auch das gehört ja zum Advent: Nach der Vorführung warten in der gemütlichen Bauernstube Glühwein, Tee oder Kaffee und dazu original Achentaler Zelten, ein spezielles Früchtebrot, das man auf jeden Fall kosten sollte, zum nahen Campingplatz ist es ja nicht weit. Wer sich mit dem Caravan nicht so weit in die Berge traut, bleibt doch einfach im Alpenvorland.
Adventszeit in den deutschen Alpen
Auch in den deutschen Alpen spielt der Advent natürlich eine dominierende Rolle – ganz besonders in Oberbayern. So auch in Bad Tölz, das sich ganz im Zeichen dutzender Weihnachtskrippen präsentiert. Ob Buchhandlung, Bäckerei oder Apotheke, fast jeder der Händler an der Marktstraße zeigt spannende, oft historische Krippen ganz verschiedener Art. Da gibt es Geschnitztes oder Figuren aus Masse oder sogar aus Pappe. Szenerien aus dem Heiligen Land oder versetzt in heimische Alpengefilde. Über 30 Stück sind es, die zu einem gemütlichen Bummel verführen. Da gibt es wirklich reichlich zu sehen und zu entdecken. Sicher auch manch Überraschendes, denn keine Krippe gleicht der anderen.
Besondere Schmuckstücke sind die sogenannten Jahreskrippen, die also nicht nur zum Advent zu bestaunen sind. So unter anderem die im neben der Franziskanerkirche eingerichteten Krippenraum, die große Jahreskrippe und vier weihnachtliche Krippen des Tölzer Krippenvereins. Rund um Krippen dreht sich auch der Krippenweg im benachbarten Lenggries. Auch in Bad Tölz erwartet die Camper vorweihnachtliches Flair. All das, was man dazu braucht, findet man auf dem beliebten Christkindlmarkt auf der Marktstraße. Bude reiht sich an Bude. Weihnachtliche Klänge komplettieren die Szenerie, die rechts und links stilgerecht von den historischen Fassaden entlang der Marktstraße eingerahmt wird.
Traditionelle Handwerkskunst und weihnachtliche Leckereien
Auch in Bad Tölz herrscht natürlich die typische Stimmung, die die Adventszeit zu etwas ganz Besonderem macht. Die Marktstraße steht ganz im Zeichen von weihnachtlicher Dekoration und dem Duft leckeren Backwerkes, wie ihn nicht zuletzt Konditormeister Karl-Otto Volkland mit seinen traditionellen Baumkuchen nicht nur rund um seiner Hütte verbreitet. Nichts gegen Leb- und Pfefferkuchen, das was Karl-Otto Volkland da mit viele Geschick und Liebe am Spieß entstehen lässt, ist schon etwas ganz Besonderes. Nicht nur kleine Leckermäuler schauen ihm begeistert auf die Finger.
Auf die Finger schauen kann und sollte man aber auch Paul Hofmann. Ohne den begnadeten Holzbildhauer wäre der Tölzer Christkindlmarkt nicht das, was er ist. Seit vielen Jahren gehört er zum Inventar des Marktes, und nicht zur Adventszeit schnitzt er an seinen weltweit gefragten Weihnachtskrippen. Wer sich also mal etwas ganz Besonderes aus Holz gönnen möchte, ist bei Paul Hoffmann an der richtigen Stelle. Zuzusehen, wie unter seinen Händen Holz zum Leben erweckt wird, ist spannend. Doch irgendwann sollte man sich schon losreißen, denn auf dem Christkindlmarkt wartet noch reichlich anderes.
Infobox
Infos zum Advent in den Bergen & Campingmöglichkeiten
Tourismusverband Kitzbüheler Alpen-Pillerseetal, Dorfplatz 1, A-6391 Fieberbrunn, Tel.: 0043-5354/56304, www.kitzbueheler-alpen.com
Camping:
- Achensee Tourismus, Achenseestraße 63, A-6121 Maurach, Tel.: 0043-595/300-0, www.achensee.com Tourist-Information Bad Tölz, Max-Höfler-Platz 1, 83646 Bad Tölz, Tel.: 08041/78670, www.bad-toelz.de
Das Christkindldorf am See: Am 2. und 3. und vom 8. bis 10. Dezember 2023 verwandelt sich das Seeufer von St. Ulrich in das „Christkindldorf am See”. Heimische Musikgruppen und Weisenbläser geben weihnachtliche Lieder zum Besten, regionale Handwerker zeigen ihre Kunstfertigkeit und bieten ihre Werke zum Verkauf an. Kontakt über Kiosk am Pillersee, Niedersee 4, A-6393 St. Ulrich am Pillersee. Kostenloser Regiobus zur Veranstaltung. Der Waldparkplatz direkt beim „Christkindldorf am See“ fasst ca. 200 Pkw, vom Parkplatz an der Forellenranch sind es 5 Gehminuten und vom Parkplatz im Dorfzentrum ca. 30 Gehminuten entlang des Pillersees.
Die Tiroler Bergweihnacht: Im Heimatmuseum Sixenhof (Sixenhofstraße 29, A-6215 Achenkirch) wird die „Achentaler Ver- sion“ der Geburt Christi lebendig. Geöffnet vom 25. November bis 27. Dezember von 13 bis 17 Uhr an den Wochenenden und den Feiertagen. Die Vorführungen sind in Deutsch, Englisch und Französisch möglich. Gruppenreservierungen und Informationen unter info@sixenhof.at. Eintrittspreis: 7 Euro.
Christkindl’s Traum auf dem Tölzer Christkindlmarkt: Die rund 40 liebevoll dekorierten Holzhütten öffnen dieses Jahr am 24. November. Dann wird die Marktstraße bis zum 23. Dezember 2023 zu einem funkelnden Festsaal voller Lichterglanz und verführerischen Düften, die die Vorfreude auf das Weihnachtsfest noch steigern. Für die kleinen Besucher des Christkindlmarktes dreht sich vor dem Brunnen das Karussell, an den Wochenenden bietet das Stadtmuseum ein abwechslungsreiches Kinderprogramm, und der Markt lädt am „Familienmittwoch“ mit Vergünstigungen an Ständen und regelmäßigen Kutschfahrten ein. Das Musikprogramm auf der Bühne am großen Christbaum mit festlichen Liedern und Weisen, dargeboten von Sänger- und Musikgruppen aus der Region, ist für viele Besucher eine liebgewonnene Tradition. An den Wochenenden lockt so manche Attraktion, wie der Besuch des Nikolaus oder der Tölzer Krampuslauf.
Camping:
- Tirol Camp, Lindau 20, A-6391 Fieberbrunn, Tel.: 0043-5354/56666-0, www.tirol-camp.at
- Alpen Caravan Park Achensee, Sixenstraße 17, A-6215 Achenkirch, Tel.: 0043-5246/6239, www.camping-achensee.com Campingplatz Demmelhof, Stallau 148, 83646 Wackersberg, Tel.: 08041/8121, www.campingplatz-demmelhof.de