Das Mekka der französischen Camper heißt Aquitanien. CCC erkundete von La Rochelle bis Arcachon, warum das so ist.
Campen und Austern – passt das zusammen? In Aquitanien auf jeden Fall, die Meeresfrüchte werden überall angeboten. In Strandbars oder – ganz besonders frisch – in den Cabanes, den ausgebauten Hütten der Austernzüchter am Cap Ferret und auf den Wochenmärkten. Das einzige Problem: Man muss die Muscheln unfallfrei öffnen können – ein Austernmesser und feste Küchenhandschuhe sollten zum obligatorischen Werkzeug gehören.
Das Leben in Aquitanien, die Küche und natürlich auch ein Urlaub dort sind vom Meer geprägt. Klar, dass die meisten und die größten Campingplätze ebenfalls an der Küste liegen, oft getrennt durch einen Strandkiefernwald, der zur Befestigung der Küste angelegt wurde. Wir haben uns im Südwesten Frankreichs umgeschaut: von La Rochelle bis Arcachon.
In Hotspots wie Lacanau oder Soulac-sur-Mer lauern die lässigen Surfer auf die perfekte Welle, bei kilometerlangen Strandwanderungen ist das immer wieder spannend zu beobachten. Man kann wunderbar Rad fahren, durch duftende Kiefernwälder und entlang der Salzgärten auf der Île de Ré. Oder durch charmante Städtchen voller Stockrosen bummeln, sei’s in La Flotte oder Soulac-sur-Mer. Ein echter Hingucker ist Arcachon mit seinen großbürgerlichen Villen aus dem Anfang des vergangenen Jahrhunderts. Und natürlich kann man vielerorts vorzüglich essen. Wer’s mag, auch Austern, passend dazu mit einem gut gekühlten Wein aus der Gegend, dem Médoc.
La Rochelle ist kein klassischer Ferienort, sondern eine lebendige Stadt am Meer, in der 76.000 Menschen leben, arbeiten oder studieren. Und gerade deshalb ist sie auch interessant für Touristen. Häfen gibt es hier gleich mehrere. Einen großen Handelshafen, einen Fischereihafen, in dem rund 80 Kutter liegen und den größten Jachthafen Europas mit rund 4.000 Liegeplätzen.
Segeln kann in La Rochelle jedes Kind, denn gelehrt wird es in den Schulen. Der Handelshafen bescherte einigen Bürgern beträchtlichen Reichtum, was sich an den prachtvollen Häuserfassaden ablesen lässt, und ebenso am Rathaus oder den Wehrtürmen. Einen Besuch wert ist die Markthalle, das tägliche Angebot besonders an Meeresfrüchten ist beeindruckend.
Lohnend ist auch eine Kaffeepause im Jugendstilcafé De la Paix unter den Arkaden. Bis spät in den Abend sind die Cafés und Promenaden voll. Es lohnt sich, in La Rochelle zu übernachten, wenn man gerne ausgeht. Der städtische Camping Le Soleil ist einfach ausgestattet, aber nur einen Kilometer vom Ortszentrum entfernt.
Eine Fahrradfähre verbindet La Rochelle mit der Île de Ré. Mit dem Auto nimmt man die Brücke. Die Brückenmaut von 18 Euro in der Hauptsaison erscheint ziemlich happig. Mit der Maut will man einerseits den Touristenstrom steuern – in der Nebensaison ist die Fahrt über die Brücke deutlich günstiger. Der Brückenzoll fließt aber auch in den umweltverträglichen Ausbau auf der Insel, versichert Camille vom örtlichen Office de Tourisme. Nicht zuletzt Radfahrer profieren davon, das 140 Kilometer lange Wegenetz verbindet die zehn Orte der Insel.
47 Campingplätze gibt es auf der Île de Ré. Dauerstellplätze sind hier wie an der ganzen Küste die Ausnahme. Stattdessen ist die Zahl der Mobilheime oft beträchtlich. Inselhauptstadt ist Saint-Martin-de-Ré, eine überschaubare Hauptstadt mit 2.700 Einwohnern. Die imposante, von Vauban gebaute Zitadelle beherrscht die Szenerie. Das Gefängnis in der Festungsanlage mit knapp 500 Häftlingen ist der größte Arbeitgeber der Stadt. Doch davon bekommen die Touristen, die es sich in den vielen Restaurants rund um die Hafenbecken gut gehen lassen, nichts mit.
Die Eis-Fans, die in La Flotte-en-Ré landen, sollten unbedingt ein Karameleis mit Fleur de Sel probieren. Die kühle Köstlichkeit gibt’s im Eiscafé La Martinière, das die Experten vom Gault Millau in den Kreis der Top-Eisdielen aufgenommen haben. Ein empfehlenswerter Platz ist hier Camping Le Bel Air.
Die Île de Ré íst bekannt für ihre Salzgärten. Das Salz, das dort gewonnen wird, entsteht durch Verdunstung. Dazu wird Meerwasser durch ein komplexes System aus Becken und Kanälen geschleust, ein aufwendiger Prozess. Die Salzbildung ist dabei stark von der Wetterlage abhängig. Von Mai bis Oktober kümmern sich die Salzbauern täglich um ihre Salzgärten. Früher einmal arbeiteten 1.000 Salzbauern auf der Insel, heute sind es rund 70.
Roman, Sportlehrer im ersten Berufsleben, ist einer von ihnen. Er hat umgeschult, nicht zuletzt, um in seiner Freizeit ganzjährig auf der Île de Ré surfen zu können. Aus einem Salzbecken gewinnt er 1.000 Kilo Sel Gris, das grobe, leicht gräuliche Salz, und 100 Kilo Fleur de Sel. Feinschmecker schätzen die Salzblume wegen ihres milden Geschmacks. Sie sind bereit, 20 Euro pro Kilo zu zahlen – auf den ersten Blick ein gesalzener Preis. Köche auf der Île de Ré nutzen Sel Gris, das grobe Salz, gerne für die traditionelle Zubereitung von Fisch in Salzkruste, der vorallem bei Urlaubern äußerst beliebt ist. Informationen zur Region: www.atlantikkustefrankreich.de
Die Île d’Oléron ein Stück südlich der Île de Ré lassen wir dieses Mal außen vor. Wir wollen ein Stück weiter südlich zu den Stränden der Côte d’Argent. Dazu muss man erst mal die Gironde überqueren. Der angenehmste und kürzeste Weg (30 Minuten) führt ab Royan per Fähre über den Fluss, das Ticket kann jedoch satte 70 Euro kosten, je nach Länge des Caravans. Alternativ bleibt nur der Weg über die Brücke ein Stück nördlich von Bordeaux, rund 130 Kilometer.
In Soulac-sur-Mer, dem ersten Badeort hinter der Gironde-Mündung, beginnen die traumhaften Sandstrände. Im Prinzip kann man bis Spanien durch den Sand laufen, sagt Katja Thomsen, eine Deutsche, die in Soulac eine Yogaschule betreibt. Beliebt bei Badegästen ist der Strand von L’Amélie, dank der Wellenbrecher kann man dort gut baden – generell wird übrigens empfohlen, am Atlantik nur an bewachten Stränden zu schwimmen.
Die Villen aus rotem Backstein lassen erahnen, dass Soulac Ende des 19. Jahrhunderts eine beliebte Sommerfrische war. Einige Häuser sind renoviert, andere verströmen einen morbiden Charme. Im Wald liegt das Camping Paradis des Pins, nicht nur für Camping, sondern auch ein Treffpunkt für Künstler. Am schönen Gurp-Strand im Nachbarort Grayan-et-l’Hôpital befindet sich der legendäre Camping du Gurp, für manche der letzte Campingplatz mit einem Hauch von Anarchie.
Bei Wellenreitern steht Lacanau-Océan ganz oben auf der Hitliste. Wem die Atlantikwellen zu heftig sind, der kann im Lac de Lacanau baden. Einen Sandstrand gibt’s sogar auch, das Wasser ist hier wesentlich ruhiger und wärmer. Eine gute Adresse ist Camping Le Tedey mit einer herrlichen Bar direkt am See. Am Meer, nur durch Dünen und Strandkiefern getrennt und mit einem riesigen Pool ausgestattet, ist der empfehlenswerte Yelloh Village Les Grand Pins.
Arcachon und die Düne von Pilat sind für viele das Highlight der Region. Die Lage ist großartig, einerseits direkt am Meer, anderseits am Bassin d’Arcachon, einem Étang mit Zufluss zum Meer. Die Karriere als Ferienort begann in den 1860er-Jahren, als wohlhabende Franzosen sich hier erholten. Sie logierten in den prachtvollen Villen der Ville d’Hiver, der Winterstadt, die ein gutes Stück oberhalb des Meeres liegt.
Baden war damals kein Thema. Ein Aufzug erleichtert den Weg zu dem Freilichtmuseum der Belle Époque. Im Ortszentrum gibt es viele originelle Geschäfte, dazu sieben Kilometer feinster Sandstrand und eine gepflegte Promenade. Die Düne von Pilat ist nicht weit. Die gute Nachricht: Fast alle Campingplätze rund um die größte Wanderdüne Europas (102 Meter hoch, 2,7 Kilometer lang), die nach dem verheerenden Waldbrand im Juli 2022 zerstört wurden, sind renoviert und seit Juli 2023 wieder geöffnet.
Auf den Campings La Dune, Pyla Camping, Le Petit Nice und Yellow Village Panorama du Pyla in La Teste-de-Buch, einem Nachbarort von Arcachon, brannte es im Hitzesommer 2022 lichterloh. Der Brand war auf einem Waldparkplatz durch eine defekte Autobatterie ausgelöst worden. Der starke Wind entfachte die Flammen immer wieder, das Feuer breitete sich bis hin zu den Campingplätzen aus. Zum Glück wurden alle 6.000 Camper rechtzeitig evakuiert.
Klar, dass die Brandschäden, die verkohlten Bäume etwa, sichtbar sind. Wir empfehlen deshalb einen Platz zwei Kilometer außerhalb der Innenstadt Arcachons: Huttopia Arcachon. Das Bassin d’Arcachon gilt bei Feinschmeckern als exzellentes Austernrevier. Eine gute Gelegenheit, die Meeresfrüchte endlich mal zu probieren. Vielleicht entdeckt der eine oder die andere hier an der Atlantikküste eine neue Leidenschaft.
*) Vergleichspreis für einen Stellplatz, 2 Erwachsene, 1 Kind, inkl. Strom in der Hauptsaison
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