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Städtereise Venedig: Camping vor der Lagunenstadt

14.10.2024
Text: Sylvia Lischer | Bild: Sylvia Lischer, Gerhard Eisenschink

Der Besuchermagnet Venedig wird von Touristen überrannt. Seit diesem Jahr gibt es deshalb eine Eintrittsgebühr. Vor der Lagunenstadt campen und Tagesausflüge dorthin unternehmen? Lohnt sich das noch?

Wer kennt sie nicht? Die romantischen Bilder von Venedig. Da flattern Tauben in Schwärmen über den Markusplatz. Gondeln gleiten mit Liebespaaren bestückt unter der Rialto- oder Seufzerbrücke hindurch. Vor Ort kollidiert dann das Kopfkino mit der Realität: Reisegruppen bevölkern den seit Jahren fast taubenlosen Markusplatz. Museen sind überfüllt. Auf den Kanälen herrscht Gondelstau. Und dennoch: Venedig ist eine Reise wert. Oder etwa nicht?

Staus sind keine Seltenheit auf den Kanälen der Stadt.

Dieses „wert sein“ ist wohlgemerkt nicht nur sprichwörtlich gemeint: Vom 25. April bis 14. Juli diesen Jahres erhob das von Besuchermassen geplagte Venedig probeweise eine Eintrittsgebühr für Tagestouristen. Brücken, Paläste, Kunstschätze – die im fünften Jahrhundert auf Holzpfählen erbaute Inselstadt ist eine der meistbesuchten Städte der Welt. Venedigs Altstadt zählt nicht einmal 49.000 Einwohner, doch zu Spitzenzeiten übernachten hier 100.000 Touristen pro Nacht. Hinzu kommen zehntausende Tagesbesucher.

Massentourismus war gestern, heute herrscht in Venedig dessen Steigerung: Übertourismus. Das heißt: Touristen werden für die Einheimischen zu einem Störfaktor, der das tägliche Leben massiv beeinträchtig. Und auch die Touristen fühlen sich durch die hohe Zahl der sie umgebenden Besuchermassen nicht mehr wohl.

Die Abendstimmung an der Mole mit Blick auf die berühmte Basilica di Santa Maria della Salute lässt selbst die Fähre zum Lido di Venezia romantisch wirken.

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Kurzinfo Venedig

Die im 5. Jahrhundert gegründete Inselstadt Venedig ist eine der meistbesuchten Städte der Welt. Von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt, bietet das auf Holzpfählen errichtete Venedig Architektur und Kunst vom Feinsten. Venedigs Altstadt hat aktuell weniger als 50.000 ständige Einwohner. In der Hauptsaison übernachten hier an manchen Tagen doppelt so viele Touristen, hinzu kommen zehntausende Tagesbesucher. Wegen des hohen Andrangs hat Venedig in diesem Jahr eine Eintrittsgebühr für Tagestouristen eingeführt.

Offizielle Tourismus-Webseite der Stadt Venedig: www.veneziaunica.it/de

Weitere Infos: www.venedig-reiseinfo.de, aktuelle Infos zur Eintrittsgebühr für Venedig unter https://cda.ve.it/de/ und https://cda.veneziaunica.it/de

Bildergalerie

Da es in der Altstadt (centro stoico) Venedigs keine Stell- oder Campingplätze für Caravans gibt, zählen zu den Tagestouristen auch Camper. Wer den Caravan am Lido di Jesolo platziert, zahlt Eintrittsgebühr für Venedigs Altstadt, obwohl Jesolo zur sogenannten Metropolitanstadt Venedig gehört. Mestre hingegen ist ein Stadtteil Venedigs, daher zahlen Camper, die sich dort positionieren, keine Zugangsgebühr.

Dass man in Mestre nächtigt und von der Eintrittsgebühr befreit ist, muss ein Dokument bestätigen. Dieses bekommt man auf dem Campingplatz oder über Venedigs Tourismus-Webseite veneziaunica.it. In der Altstadt angekommen, muss man bei einer Kontrolle das Dokument vorweisen. Andernfalls wird ein Bußgeld zwischen 50 und 300 Euro fällig. Wer vom Lido di Jesolo anreist und Bußgelder vermeiden möchte, braucht einen QR-Code, der bei der Online-Bezahlung des Eintrittstickets ausgestellt wird.

2024 betrug die Zugangsgebühr für Venedigs Altstadt probeweise fünf Euro pro Tag. Sie galt zwischen dem 25. April und dem 14. Juli an 29 Tagen zu bestimmten Uhrzeiten. Die Maßnahme, die zwischen April und Juli 2025 in etwas veränderter Form fortgesetzt werden soll, ist notwendig – so heißt es. Schließlich hat die UNESCO schon mehrmals gedroht, Venedig auf die „Rote Liste“ zu setzen – eine Liste gefährdeter Welterbestätten. Wenn die Lagunenstadt nichts gegen den Übertourismus unternimmt, könnte ihr der prestigeträchtige Weltkulturerbe-Status aberkannt werden, den sie seit 1987 innehat. Als eine der ersten Maßnahmen wurden 2021 die großen Kreuzfahrtschiffe aus der Altstadt verbannt. Nun soll ein Verbot von Reisegruppen über 25 Personen und das Eintrittsgeld für die Altstadt die Anzahl der Tagestouristen reduzieren.

Erste Hochrechnungen seit Einführung der Eintrittsgebühr lassen darauf schließen, dass durch fünf Euro kein Tourist vom Besuch Venedigs abzuhalten ist. Fast 450.000 Gäste haben die Zugangsgebühr bezahlt, die Stadt hat dadurch mehr als zwei Millionen Euro eingenommen. Ob sich der Touristenstrom durch die geplante Beitragserhöhung auf zehn Euro beschränken lässt, ist fraglich. Zehn Euro. So viel kosten zwei Kugeln Eis auf dem Markusplatz. Und der gehört neben Rialto- und Seufzerbrücke zu den Highlights der Stadt.
Reisegruppen steuern diese Orte besonders häufig, manche sogar ausschließlich an. Dabei hat Venedig noch viele andere Sehenswürdigkeiten zu bieten.

Wenn das Meer das Wasser aus den Kanälen drückt, kann man am Markusplatz wunderbare Spiegelungen der Basilica di San Marco sehen.

Canareggio und Dorsoduro beispielsweise – Stadtviertel, in deren Gassen etwas weniger Trubel herrscht. Ein venezianischer Palast hier, ein romantisches Gotteshaus dort. Dazwischen Brücken und Kanäle. Die alte Bausubstanz macht es einem leicht, sich hineinzuspüren, in die Glanzzeiten der Republik Venedig. Bis 1797 war Venedig eine bedeutende See- und Wirtschaftsmacht. In den Blütezeiten mit Kolonialreichen von Oberitalien bis Zypern und Kaufmannskolonien im Maghreb, Alexandria und Konstantinopel. Venedig brachte weltberühmte Komponisten wie Antonio Vivaldi hervor, und Entdecker wie Marco Polo.

Schnell wird klar, dass hier keine hupenden Autos, Vespas und Motorräder wie in anderen Städten Italiens verkehren. Statt Straßen gibt es Kanäle. Und darauf bewegen sich Gondeln, Vaporetti (Wasserbusse), Wassertaxis, Ambulanzboote, Ausflugsboote, Sportboote, Fischerboote, Müllschiffe und Lastkähne mit Bauschutt, Nahrungsmitteln, Bettwäsche und Postpaketen. Auch wagemutige Touristen auf Kajaks gesellen sich hinzu, die auf Bugwellen schaukelnd versuchen, das Gleichgewicht zu halten. Besonders viele Wasserfahrzeuge sieht man auf dem berühmten Canal Grande, einer knapp vier Kilometer langen Hauptwasserstraße, die sich schlangenförmig durch die Lagunenstadt windet. Ruhiger geht es da auf den Seitenkanälen zu. Es sei denn, aus einer vorbeifahrenden Gondel ertönt „O sole mio!“.

Irgendwie endet die Tour dann doch wieder auf dem Markusplatz. Erschöpft lässt man sich auf ein Mäuerchen sinken, blickt auf den Markusdom und genießt den Hauch von Orient, den dieses mit byzantischen Elementen gespickte Bauwerk verströmt. Keine drei Minuten später taucht ein Ordnungshüter auf, der freundlich auf die Ge- und Verbote in der Lagunenstadt verweist. Denn was die wenigsten Besucher wissen: Die einstige See- und Wirtschaftsmacht zählt aktuell zu den „Smart Cities“, die mit technologiebasierten Veränderungen und Innovationen auf sich aufmerksam machen. In Venedig zählen dazu auch Touristentracking mit Handydaten und Videoüberwachung. 610 Kameras sind in der Stadt installiert, das sind fast so viele wie Brücken über die Kanäle.

Dass jemand auf einem Mäuerchen auf dem Markusplatz hockt, wird auf einem der Monitore im Smart-City-Kontrollraum am Rand der Altstadt angezeigt. Von dort geht die Meldung über Umwege an den Beamten, der jetzt vor dem besagten Mäuerchen auf dem Markusplatz steht. Verboten – so wird schnell klar – ist das Sitzen auf Stufen oder Stullenessen auf dem Markusplatz (Bußgeld bis 200 Euro) sowie Tauben füttern (bis 500 Euro). Weitere Ver- und Gebote kann man sich im Internet unter dem Hashtag #EnjoyRespectVenezia zu Gemüte führen. Ob sich eine Reise nach Venedig noch lohnt? Das kommt auf das jeweilige Sündenregister an.

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Tipps für Venedig

Anreise: Die Strada Regionale 11 Padana Superiore verbindet Venedigs Altstadt mit dem Festland (Mestre). Bus- und Wasserbus-(Vaporetto)-Tickets sowie –Linienplan unter
www.veneziaunica.it/de. Hier gibt es auch Tickets für Museen und Kirchen sowie den Venedig-City-Pass in verschiedenen Varianten (ab 38,90 Euro: freier Eintritt zu Dogenpalast, drei Museen und drei Kirchen an einem Tag)

Lesen: „Als ich einmal in den Canal Grande fiel“, Petra Reski, Droemer Verlag.

Möchten Sie die Stadt auf authentische Weise erleben?
Dann sollten Sie am ersten Sonntag im September die „Regata Storica“ nicht verpassen. Ein Sprung in die Vergangenheit mit alten Booten und spannenden Rennen auf dem berühmten Canal Grande.

Die Biennale di Venezia – eine internationale Kunstausstellung – findet seit 1895 alle zwei Jahre statt, dieses Jahr vom 20. April bis 24. November, Infos und Tickets unter www.labiennale.org (auf Englisch oder Italienisch). Das Kunstmagazin art widmet dem Thema ein Sonderheft (Mai 24) mit vielen Infos und Stadtplan.

Filmfestival im September bedeutet auch Kino: Das weltberühmte Internationale Filmfestival von Venedig ist der perfekte Ort, um Filmvorführungen zu sehen, einen Tag am Lido zu genießen und möglicherweise einige große Filmstars anzutreffen.

Campingmöglichkeiten in der Region

Camping Venezia in Mestre, Via Orlanda 8/C, I-30170 Mestre, Tel. 0039-041/5312828, www.veneziavillage.it. Aufgrund der Nähe ideal für Venedig-Besuche. Viel Grün, geräumige Stellplätze, ganzjährig beheiztes Hallenbad (kostenpflichtig) mit Whirlpool und kleiner Sauna. 150 parzellierte Standplätze für Urlauber. Stellplatz für zwei Erwachsene und ein Kind (bis 11 Jahre) ab 40 Euro in der Nebensaison (inklusive Strom / bis 5 kWh/Tag).

Die Bushaltestelle „Orlanda Appia“ ist nur hundert Meter vom Campingplatz entfernt. Die Buslinien 15 und 19 verkehren an Wochentagen ca. alle 15 Minuten. Einzelfahrt: 1,50 Euro. Für häufigere Besuche empfiehlt sich eine Zeitkarte für Bus und Vaporetto (Wasserbus), z. B. für sieben Tage (60 Euro). Bis zur Piazzale Roma / Venedig braucht der Bus nur zehn Minuten. Tickets auf dem Campingplatz erhältlich oder über www.veneziaunica.it/de.

Weitere Campingplätze:

Camping Fusina Venezia in Fusina, www.campingfusina.com (Ausflugsfahrten nach Venedig mit dem Boot / 20 Minuten)

Camping Serenissima in Malcontenta bei Oriago, www.campingserenissima.com (Bushaltestelle in 50 Metern, ca. 30 Minuten nach Venedig)

Ferner finden sich über 40 Campingplätze auf dem Litorale de Cavallino bis zu den Stränden von Jesolo (Lido di Jesolo) www.visitcavallino.com

 

Hier finden Sie weitere spannende Reisereportagen und inspirierende Reisetipps unserer Reiseautoren.

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