Millionen von Vögeln können sich nicht irren: Südjütland ist einen Besuch wert. Die Zugvögel legen hier, im Süden Dänemarks, zweimal im Jahr einen Boxenstopp ein. In der Wattenmeer- Region ist ein abwechslungsreiches Büffet für sie gedeckt: Würmer, Larven – all you can eat. Schwarze Sonne nennen die Jütländer das Phänomen, wenn sich die Starenschwärme am Wattenmeer versammeln und eine Art Luftballett aufführen. Das Ganze mutet wie eine Sonnenfinsternis an. Daher der Name: Schwarze Sonne, Sort Sol.
Zuverlässig wie die Vögel kommen auch die Vogelfreunde. Beladen mit Ferngläsern und Kameras suchen sie den Horizont ab, um im richtigen Moment das Teleobjektiv auszurichten. Die Tøndermarsk, das größte Marschgebiet Dänemarks, gilt als einer der besten Orte, um das Naturschauspiel zu beobachten. Aber nicht nur für Vogel- und Fotofreaks ist das himmlische Ballett der Stare faszinierend.
Südjütland grenzt an Deutschland. Auf der Dorfstraße in Rudbol, ein paar Kilometer nördlich von Flensburg, steht man mit einem Bein in Dänemark, mit dem anderen in Deutschland. Im Westen liegt das Wattenmeer mit Rømø, Sylts Nachbarinsel. Im Osten die Ostsee mit den Städtchen am Kleinen Belt und an der Flensburger Förde. Strandurlaub ist hier wie dort möglich, sowohl in Rømø als auch in Aabenraa oder Sydals weht die blaue Flagge.
Es ist eine ruhige Gegend, mal abgesehen vom Hochsommer auf Rømø. Viel Platz zum Atmen, wenig Lärm, nur das Vogelgezwitscher oder blökende Schafe. „Unsere wichtigste Sehenswürdigkeit ist der Himmel“, sagt ein Einheimischer. Der Himmel ist ein bisschen höher als anderswo, schließlich ist die Landschaft ein bisschen flacher. Doch tatsächlich gibt es eine ganze Menge Sehenswürdigkeiten in Südjütland. Ein Beispiel ist der Park der königlichen Sommerresidenz in Gråsten.
Skærbæk
Neuste Attraktion ist der Marsk Tower in Skærbæk, einem kleinen Weiler in der Tøndermarsch. Er ist Aussichtsturm und Kunstwerk in einem. Der Turm scheint Pirouetten zu drehen. Das Design ist in seiner gewundenen Struktur der Doppelhelix der menschlichen DNA nachempfunden. Aus 36 Meter Höhe sieht man das weite Marschland und den Röm-Damm, bei gutem Wetter ist auch Sylt zu erkennen. Wenn es ein wenig diesig ist, verwischt die Grenze zwischen Land und Wasser. Direkt nebenan liegt das Marsk Camp. Zurzeit gibt es 126 großzügig bemessene Stellplätze für Wohnmobile sowie einige Glampingzelte. Eine Erweiterung auf 297 Plätze ist geplant, möglicherweise kommen dann auch Stellplätze für Caravans dazu.
Rømø
Über den neun Kilometer langen Rømødæmningen, den Röm-Damm, erreicht man die Wattenmeerinsel Rømø. Hauptattraktion ist der riesige Sandstrand, bis zur ersten Nordseewelle sind es glatt zwei Kilometer. Weshalb viele Urlauber mit dem Auto vorfahren. Die Fahrzeuge am Strandzugang in Lakolk sind gewöhnungsbedürftig. Aber wenn man es erst mal nach vorne zum Wasser geschafft hat, nimmt man sie kaum noch wahr, der Blick geht schließlich Richtung Meer.
Anfang September wird es richtig bunt am Horizont. Dann richtet der Dänische Drachen-Club das Drachenfest aus. Teilnehmer aus aller Herren Länder lassen die aufwendigsten Flugformationen am Himmel steigen. Auch außerhalb des Festivals ist der Lakolk-Strand ein Treffpunkt für Drachen-Enthusiasten. Es gibt also immer etwas zu gucken. In Lakolk liegt der größte Campingplatz der Insel. Der komfortable Camping Kommandørgården mit Wellness-Bereich und Außenpool ist in Havneby zu finden, bei Toftum der Rømø Familie Camping.
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Tipp der Autorin: Wandernd durch Südjütland
Auf Wandern war ich gar nicht eingestellt in Südjütland. Umso schöner die Überraschung, wie viele tolle Touren man im Süden Dänemarks unternehmen kann. Die Tourismusregionen haben in den letzten Jahren viel in Wanderwege investiert. Besonders gut haben mir die Küstenpfade gefallen. Etwa der Gendarmenpfad (Gendarmstien). Ursprünglich ein Weg, auf dem die Gendarmen patrouilliert sind, um Schmugglern auf die Spur zu kommen. Schmuggeln war in dem grenznahen Gebiet eine weit verbreitete Einnahmequelle.
Die 74 Kilometer lange Route an der Flensburger Förde von Padborg bis Høruphav ist bestens ausgeschildert. Sie verläuft manchmal direkt am Strand und oft mit Blick aufs Wasser. Auch das Pendant an der Wattenmeer-Seite lohnt sich: der Marschpfad (Marskstien) durch die Tøndermarsk. 54 Kilometer durch offene Marschlandschaft und mitunter nah am Wattenmeer. Die Strecke führt durch Tønder, Højer und Møgeltønder, vorbei an Schloss Schackenborg. Sehr zu empfehlen ist auch der Alsstien: 64 Kilometer auf der Insel Als. Der Weg führt durch einen der größten Küstenwälder Dänemarks. Natürlich kann man jeden dieser Wege etappenweise gehen. Weitere Informationen: www.visitsonderjylland.de
Von Højer legte mal die Fähre nach Sylt ab, was sich mit der Inbetriebnahme des Hindenburgdamms 1927 erledigte, auch die Fähre nach Rømø wurde 1948 mit dem Bau des Damms eingestellt. Højer fiel in eine Art Dornröschenschlaf, aus dem es nun langsam erweckt wird. Überall im Städtchen wird gewerkelt, die alte Mühle ist schon instand gesetzt, hier zieht nun ein Museum sowie ein Infozentrum zur Tønder-Marsch ein. Das Kopfsteinpflaster wird erneuert, ebenso Reetdächer.
Højer
Und neuerdings führt der 52 Kilometer lange Marschpfad durch den Ort. Eine ausgiebige Pause sollten Wanderer und andere auf dem hübschen Dorfplatz einlegen, im Café Frues Vilje – frei übersetzt „Die Frau hat hier das Sagen“. In diesem Fall ist es Conny, die Chefin. Sie backt jeden Tag: Biskuittorte mit Stachelbeeren, Trümmertorte mit Schokostückchen, Südjütländischen Brotkuchen mit zerbröseltem Schwarzbrot, Schwarzen Johannisbeeren und viel Sahne, um nur eine kleine Auswahl zu nennen. „Kuchen sind ein Teil meines Lebens“, sagt Conny. Sie hat 2021 auch für die wieder belebte Südjütländische Kaffeetafel in Tønder, der sehenswerten Hauptstadt der Region, gebacken.
Die Kaffeetafel, die Jütland-Fan Siegfried Lenz so witzig beschreibt, hat einen politischen Hintergrund. Nach dem Krieg von 1864, als Südjütland unter preußische Herrschaft geriet, war die Kaffeerunde die einzige Möglichkeit für die dänisch gesinnten Südjütländer, sich zu treffen. Denn zum Kaffeeklatsch brauchten sie keine behördlich genehmigte Schankerlaubnis. Zur Kaffeetafel legte sich die Frau des Hauses ordentlich ins Zeug, entsprechend üppig fiel die Kuchenauswahl aus.
Sønderborg
Wer mehr zur spannenden deutsch-dänischen Geschichte erfahren möchte, ist im Geschichtszentrum Dybbøl Banke oberhalb von Sønderborg gut aufgehoben. Das Zentrum liegt genau dort, wo dänische und preußische Truppen 1864 gekämpft haben. Auch eine Ausstellung im Schloss Sønderborg, dem Stammsitz des Adelshauses Schleswig-Holstein-Sonderburg, befasst sich mit der Geschichte.
Zwischen Schloss und Jachthafen verläuft eine schöne Strandpromenade mit etlichen Cafés, wunderbar zum Schlendern und Segelboote gucken. Reizvoll ist auch die Mischung aus moderner Architektur des Kulturzentrums Alison und den geduckten Häusern der Altstadt.
Dreby Camping ist eine halbe Stunde entfernt – nach dem Ausflug in die Stadt kann man sich wieder an den schönen Strand dort zurückziehen.
Gråsten
An einem Seitenarm der Flensburger Förde liegt Gråsten. Der schöne Schlosspark mit alten Bäumen und großzügig angelegten Blumenrabatten ist frei zugängig – außer, die königliche Familie hält sich gerade in ihrer Sommerresidenz auf.
Vom Unkraut befreit und ebenfalls der Öffentlichkeit zugängig gemacht, ist jetzt der Königliche Küchengarten mit Kräutern, Gemüse und Obstbäumen sowie Sitzgelegenheiten im Gewächshaus. Der Schlosspark geht in ein ausgedehntes Waldgebiet über, wo die Herrschaften früher zur Jagd ausritten. Hier kann man prima wandern.
Der Lærkelunden Camping liegt ein paar Kilometer außerhalb des Ortes direkt am Meer.
Am Kleinen Belt
Sehenswert ist Haderslev mit dem bereits erwähnten Mix aus Alt und Neu. In diesem Fall bezieht sich das auf die Marienkirche in der sorgsam restaurierten Altstadt und den Skaterpark am Getreidesilo. Auch Aabenraa lohnt sich, an einem Regentag besonders ein Besuch im interaktiven Wissenschaftsmuseum Universe Science Park. Ein Tipp für ein richtig gutes Essen ist das Restaurant Knapp, in einer alten Wassermühle in Stollig gelegen, nicht weit von Aabenraa entfernt. Es gibt also neben der Hauptattraktion Himmel noch eine ganze Menge zu sehen. Obwohl: Man könnte sich auch auf Himmel und Wellen konzentrieren, um dann ganz entspannt aus dem Urlaub zurückzukehren.
9 Camps in Südjütland
Zum Weiterlesen: Lassen Sie sich gern auch von unseren weiteren Camping-Tipps und Reisegeschichten inspirieren.