Ein leerer Zeltplatz und ein mäuschenstiller Empfangsbereich. Das Corona-Virus ist für Campingplätze ein Albtraum. Ihre oft einzige Einkommensquelle liegt derzeit brach. Rückzahlungen aus Buchungen für die Osterferien haben Stand Anfang April für einen größeren deutschen Campingplatz der LeadingCampings 300.000 Euro ausgemacht, für einen sehr großen Platz im Süden gar 1,7 Millionen. Dieses Geld fehlt jetzt für die Deckung laufender Kosten, in erster Linie für Löhne und Gehälter.
Camper können helfen
Doch Camper können helfen. Etwa mit Gutscheinen. Premium-Camps beispielsweise, ein Marketing-Verbund von 16 Komfortplätzen, bietet ab sofort auf seiner Internetseite einen Online-Bestell-Service für Wert-Tickets an. Die Ferien-Gutscheine sind ab einem Wert von 50 Euro erhältlich und wie Bargeld flexibel auf jedem der PremiumCamps einlösbar. „Aufgrund des verzögerten Saisonstarts wegen der Corona-Krise kommt der Gutschein-Service zur rechten Zeit“, meint Dieter Lübberding, Sprecher des Qualitätsverbunds.
Gäste reagieren unterschiedlich
Die Reaktion der Gäste ist allerdings ganz unterschiedlich. Martin Zerhoch vom Camping am Pilsensee in Seefeld stellt fest: „Unsere Buchungen bis einschließlich 19. April haben wir vor der Allgemeinverfügung bereits kostenlos storniert. Wir versuchen auch zuerst die Buchungen zu verlegen oder die Gutscheine als Alternative auszugeben, sollte ein Alternativtermin nicht genannt werden können. Es gibt auch Gäste, die die Anzahlung „stehen“ lassen, unabhängig davon, ob sie überhaupt anreisen – quasi als Liquiditätsunterstützung für den Campingplatz. Allerdings ist das der ganz geringe Anteil. Wir haben diesen Gästen ebenfalls einen Gutschein zukommen lassen. Wir haben etwa drei Prozent der Gästebuchungen, die einen Gutschein akzeptiert haben. Aktive Stornos haben wir 1,5 Prozent der Buchungen außerhalb des Zeitraums der angeordneten Schließung.“
Jetzt Gutscheine kaufen und später nutzen
Alpencamping Nenzing, Gitzenweiler Hof, die Knaus-Campingparks oder Camping Max 1, um nur einige zu nennen, machen es ähnlich. Sie stellen Gutscheine individuell auf den Namen des Beschenkten aus, diese sind zwei Jahre ab Ausstellungsdatum gültig. Die Vorlage des Gutscheins erfolgt bei Anreise/Anmeldung des namentlich genannten Inhabers und wird auf seinen Rechnungsbetrag angerechnet. Ein Gutschein stellt keinen Anspruch auf einen verfügbaren Stellplatz oder eine Mietunterkunft in einem bestimmten Reisezeitraum dar, die Buchung muss separat erfolgen. Die Barauszahlung des Gutscheinwertes (auch anteilig) ist nicht möglich. Eventuell verbleibendes Restguthaben wird jedoch erhalten und ausgewiesen.
Auch Ecocamping befürwortet dieses Prinzip: „Jetzt Gutscheine direkt bei den Campingplätzen kaufen, später selbst nutzen oder auch verschenken ist auf jeden Fall ein guter Beitrag, um Solidarität zu zeigen und die Freude auf den nächsten Urlaub zu steigern.“
Buchung über Reiseveranstalter
Viele Urlauber blieben zu Ostern auf ihren gepackten Koffern sitzen – die Reise fiel wegen Corona ins Wasser. Wer über einen Reiseveranstalter wie Suncamp oder Vacanceselect einen Platz gebucht hat, bekommt sein Geld zurück. Oder wahlweise auch einen Gutschein, der später eingelöst werden kann.
Sofern der Urlaub bei Roan aufgrund des Corona-Virus storniert wird, erhalten Urlauber einen Gutschein im Wert der bis dahin getätigten Zahlungen. Diesen Gutschein kann man für die Zahlung einer Reise zu einem späteren Zeitpunkt nutzen. Der Gutschein ist ein Jahr ab Ausstellungsdatum gültig und kann für alle Reisen aus dem Angebot von Roan Camping Holidays und Go4Camp genutzt werden. Man kann also innerhalb eines Jahres nach Ausstellung des Gutscheins den nächsten Urlaub festlegen und den Gutschein einlösen. Das Anreisedatum muss in das Jahr 2020 oder 2021 fallen.
Ausnahmesituation
„Wir haben es mit einer Ausnahmesituation zu tun, daher haben wir uns für eine außergewöhnliche Lösung entschieden“, meint ACSI-Direktor Ramon van Reine. ACSI und damit Suncamp ist Mitglied des niederländischen Reisegarantiefonds SGR und arbeitet mit der Organisation tourVERS in Deutschland zusammen. Der Garantiefonds SGR hat in Zusammenarbeit mit dem niederländischen Verband der Reiseindustrie ANVR (einer Schwesterorganisation des deutschen Reiseverbands DRV) und anderen Anbietern von Urlaubsreisen den Corona-Gutschein eingerichtet. Mit diesem Gutschein buchen Urlauber zu einem späteren Zeitpunkt einen Ersatz-Campingurlaub für die bereits bezahlte Reisesumme. So verliert man sein Geld nicht.
Bundesregierung für Gutscheinlösung
Das Corona-Kabinett der Bundesregierung hat die Gutscheinlösung jetzt in einer Abstimmung befürwortet. Nun muss nur noch Brüssel seinen Segen geben. Die Idee: Um die Liquidität in der Branche sicherzustellen, sollen Reiseveranstalter ihren Kunden bei stornierten Reisen einen Gutschein auszahlen, der bis Ende 2021 gültig ist und in Zukunft für eine Neubuchung verwendet werden kann. So müssten auch Reisebüros bereits erhaltene Provisionen nicht zurückzahlen, was wiederum deren Existenzen sichere. Erst nach dem 31. Dezember 2021 können Kunden den ursprünglichen Wert des Gutscheins in bar erstattet bekommen.
Für Verbraucherschützer nicht tragbar
Für Verbraucherschützer ist dieser Vorschlag nicht tragbar. „Hier werden die Kosten der Corona-Krise einfach an die Verbraucher durchgereicht“, sagt Klaus Müller, der Chef des Bundesverbands der Verbraucherzentralen (vzbv). Er spricht von einem „Zwangsgutschein“. Das Geld der Verbraucher werde für fast zwei Jahre unverzinst eingefroren. Zwar hat die Bundesregierung bereits zugesagt, die Gutscheine für Pauschalreisen gegen eine mögliche Insolvenz des Reiseveranstalters abzusichern, auch eine Härtefallregelung für Menschen in finanziellen Notlagen soll es geben. Doch wie diese aussieht, ist bislang völlig unklar.
Europaweite Regelung geplant
Eicke Schüürmann, Geschäftsführer der 38 LeadingCampings, hofft indes, dass die geplante europaweite Regelung zum Reiserücktritt nicht nur den TUIs dieser Welt zugutekommt, sondern explizit auch für individuell gebuchte Unterkünfte gilt: „Wenn wir darauf vertrauen dürften, dass es legal ist, den Gästen statt einer Rückzahlung in Geld einen Gutschein zur späteren Einlösung zu überreichen, wäre dies ein hervorragender Beitrag zur Sicherung der Liquidität. Selbstverständlich sehen auch wir, dass es derzeit viele Menschen gibt, die das Geld tatsächlich brauchen, da sie selbst durch Kurzarbeit oder als Selbstständige große Einkommenseinbußen haben. Diese Gäste sollen weiterhin ihr Geld zurückbekommen. Aber Menschen, die es derzeit noch schaffen, ihre Anzahlung stehen zu lassen, leisten damit einen wirklich hilfreichen Akt der Unterstützung. Das Geld ist ja nicht weg – entweder man nutzt es für einen späteren Urlaub oder man lässt es sich später wieder zurückzahlen.“
Wer Camping liebt, verschiebt
Wer Camping liebt, verschiebt. Unter diesem Motto rät das ADAC-Portal Pincamp seinen Usern zu mehr Zurückhaltung. Campingplätze sind auf ihre Gäste angewiesen: „Nicht nur für die kleinen Plätze bedeuten zu frühe Stornierungen herbe Verluste. Die Bitte: „Zeig dich mit deinem Lieblingsplatz solidarisch und verschiebe deinen Urlaub anstatt ihn zu stornieren, wenn du dazu in der Lage bist.“
Oder erstmal abwarten?
Oder wartet erstmal ab. Wie Florian H. aus Dortmund. Seit 2018 ist er mit einem Knaus Sport 580 QS unterwegs: „Wir hatten auf dem Camping Hopfensee gebucht. Seit wir 2006 das erste Mal da waren, fahren wir jedes Jahr zu Ostern dorthin. Sobald sich die Lage entspannt hat, würden wir am liebsten sofort los. Da meine Frau aber als Erzieherin tätig ist, sind wir auf die Ferien angewiesen. Also wird es Ende Juli werden. Wir hoffen, dass bis dahin Camping zumindest in Deutschland wieder möglich ist. Der Campingplatz hat uns angeboten, die Reservierung auf 2021 zu schieben. Wir haben jedoch beschlossen, unsere Buchung erstmal aufrechtzuerhalten.“
Oder Claudia B. aus Billerbeck, Besitzerin eines Weinsberg CaraOne 440 FD. Sie hat für Fronleichnam in Melle und in den Sommerferien in Braunlage im Harz gebucht und ist guten Mutes: „Ich lasse beide Buchungen noch offen.“
Verschieben statt Stornieren
In vielen Ländern Europas unterstützen Tourismusverbände und Campingunternehmer-Vereinigungen den Aufruf zum freiwilligen „Später Einlösen statt Rückerstattung“, wie ihn auch der Deutsche Tourismusverband (DTV) und der Deutsche Reiseverband (DRV) in Deutschland propagieren, allerdings hier gemünzt auf die großen Reiseveranstalter, nicht auf die Campingplätze. Die Solidarität von Stammgästen in dieser Hinsicht ist ziemlich hoch. „Viele haben die von den Leadings angebotenen Gutscheine statt Rückzahlung angenommen“, weiß Schüürmann, „und helfen den Plätzen damit.“
Zusätzliche Rabatte
Das ist ein freiwilliger Akt, genauso wie die Gutscheine nur ein Angebot sein können, solange es dazu keine verbindliche Regelung gibt. Einige Campingplätze, so La Marina Resort an der Costa Blanca, versüßen die Akzeptanz eines solchen Gutscheins mit der Zusage eines Rabatts auf die spätere Buchung. Nicht-Stammgäste reagieren aber nur etwa zu einem Fünftel positiv auf ein Gutscheinangebot. Die übrigen wollen lieber ihre Anzahlung zurück und bekommen sie dann auch selbstverständlich.
Solidarität für beide Seiten
Solidarität ist keine Einbahnstraße. Punkte auf der Treuekarte „LeadingCard“ erlöschen normalerweise drei Jahre nach Aufbuchungsdatum, wenn sie nicht benutzt werden. „Wir haben diese Routine nun vorerst bis zum 30. Juni 2021 ausgesetzt“, so Schüürmann, „um unsere treuen Gäste nicht schlechter zu stellen. Außerdem verlängern wir die Geltungsdauer von Übernachtungsgutscheinen, die Partner ausgeben, etwa für die Dometic Comfort Weeks. Kein Gast, der jetzt aufgrund der Corona-bedingten Schließungen seinen Gutschein nicht einlösen kann, soll das Goodie verlieren.“
Kreative Ideen im Internet
Viele Campingplätze bieten auch auf ihren Internetseiten und über Social Media tolle Dinge an. So sollen sich die Gäste an sie erinnern und den nächsten Urlaub nicht aus den Augen verlieren. Beispiele: Life-Übertragungen des Animationsteams von Piani di Clodia, die von Kinderbespaßung bis zu Sport-Workouts reichen. Playa Montroig vertreibt seinen Kunden die Zeit mit einem Online-Puzzle. Der Wulfener Hals drückt in kurzen Videos aus, wie sehr er seine Gäste vermisst.
Soziale Verantwortung
Große, zu Herzen gehende Gesten gab es auch von der Campingunternehmer-Vereinigung in Cavallino und jener der spanischen Mittelmeerküste: Beide Organisationen stellen kostenlose Erholungsaufenthalte für Ärzte, Krankenschwestern und Krankenhauspersonal in Aussicht, allein Union Lido spendet 100 Wochen.
Wer Camping liebt, verschiebt. Das sagen Camper auf Facebook:
Elke G.: Wir haben für unseren Osterurlaub eine Gutschrift aufs Kundenkonto bekommen. Ich hoffe, dass wir an Ostern 2021 auf den Platz fahren können.
John K.: Wir verschieben. Noch verweigert aber der Campingplatz, dass die Anzahlung auch für den neuen Zeitraum gilt. Wenn keine Einsicht kommt, fahren wir einen anderen Platz an. Schade eigentlich. So kann man es auch machen, hat aber danach keine Gäste mehr…
Anita S.: Grundsätzlich finde ich „verschieben“ eine gute Lösung. Zumal wir uns auf den Urlaub ja gefreut haben. Da wäre ein anderer Zeitpunkt für alle Beteiligten eine gute Lösung. Allerdings ist das nicht so einfach, wenn man an die Schulferien gebunden ist und dieses Jahr vielleicht noch mehrere Urlaube geplant waren.
Andreas G.: Von umbuchen über stornieren bis Anzahlung abschreiben ist noch alles offen. Wir entscheiden kurzfristig und schauen, was uns der Platz in Ungarn zu gegebener Zeit anbietet.
Gerrit van P.: Wenn wir im Sommer nicht fahren können, würden wir den Gutschein akzeptieren und im nächsten Jahr fahren.
Gerrit W.: Es gibt Campingplätze, die den Nichtantritt der (leider oftmals im Voraus bezahlten) Buchung in ihren Bedingungen ganz klar geregelt haben. Kann von problemlosem Verschieben bis „Pech gehabt, dein Problem“ alles sein. Auch die Reiserücktrittsversicherungen haben auf Corona reagiert und zahlen teilweise nicht. Ein Blick in die Bedingungen lohnt sich. Ich habe daraus gelernt: Sollte ich meine geplanten (und bereits bezahlten) Ferien nicht antreten können und wird der Betrag nicht auf die nächste Buchung angerechnet, werde ich künftig keine Plätze mehr mit Vorauskasse reservieren.
Stefan S.: Die Idee „verschieben statt stornieren“ ist super, nur gilt der Urlaub 2020 bei meinem Arbeitgeber als fest vereinbart und kann nicht verschoben werden, was auch irgendwie verständlich ist.
Florian H.: Der Campingplatz, auf dem wir eigentlich jedes Jahr unseren Osterurlaub verbringen, hat uns angeboten, die Reservierung auf 2021 zu schieben. Leider brauchen wir nächstes Jahr die andere Ferienwoche. Nun haben wir uns drauf geeinigt, nach Ostern nochmal zu schauen, ob vielleicht jemand nicht von dem Angebot Gebrauch machen konnte und so noch etwas frei ist.
Thomas K.: Bisher hab ich noch nichts gemacht – die Buchung ab Mitte Juli in Kroatien steht noch. In der Hoffnung, dass wir bis dann wieder raus dürfen. Verschieben kommt leider nicht in Frage, da ich meinen Urlaub nicht einfach mal so verschieben kann.
Rolf S.: In einigen Firmen wird mittlerweile darauf hingewiesen, dass die geplanten Urlaubstage nicht verschoben werden dürfen. Damit ist diese Option leider für einige nicht möglich.