Als vor weit über zehn Jahren die ersten Caravans mit vorgehängten Kunststoffmasken auftauchten, war Staunen angesagt, dem hier und da Ernüchterung folgte, als es die ersten Probleme mit Undichtigkeiten und Rissen gab. Denn große Bugmasken sind an Caravans nicht ohne. Sie sehen klasse aus, doch so gut sie dem Design tun, so tückisch können die großen Kunststoffteile im Betrieb sein. Nachdem sich die Front- und Heckmasken verstärkt am Pkw-Design orientieren, mit teilweise neuen Materialien eher größer und aufwendiger werden, steigen die Anforderungen an diese Fahrzeugbauteile.
Ganz in diesem Sinne hat sich LMC entschlossen, die neue Bugmaske für seine Oberklasse Maestro von A bis Z durchzuplanen. Das Design in Anlehnung an das LMC-Familiengesicht ist klar und schnörkellos. Nun geht es aber ans Eingemachte. Spezielle Befestigungstechniken sollen die Maske fest, aber beweglich mit dem Aufbau verbinden. Was wie ein Widerspruch klingt, ist auch einer: Der muss aber gelöst werden, sollen nicht später aus dem unterschiedlichen Temperaturverhalten der eigentlichen Caravanwände und der vorgehängten Maske Probleme entstehen. Spannungsrisse oder Undichtigkeiten sind die ärgerliche Folge, wenn aufgesetzte Bauteile bei Temperaturschwankungen ein deutlich anderes Verhalten zeigen als der Aufbau selbst. Deshalb werden seit etlichen Jahren alle Verschraubungen mit Langlöchern ausgeführt, beziehungsweise Schrauben in Kunststoffhülsen gesetzt, die den Kontakt zwischen den verschraubten Materialien vermeiden.
Um trotzdem jedwede Probleme schon im Vorfeld zu vermeiden, haben die Sassenberger mehrere Prototypen des Maestro gebaut und unter anderem den Bug mit erheblichem Aufwand auf Herz und Nieren geprüft. Für einen ersten Härtetest kamen die Wagen nach Markbronn auf die Teststrecke – deren Profil simuliert mit extremen Schlaglöchern und stark versetztem Belgisch-Block-Pflaster auf einem Kilometer Strecke etwa 100 Kilometer normale Straßenfahrt. Sensoren in den Wagen zeichnen die Belastung an zahlreichen Punkten des Aufbaus auf. Sollen nun 100.000 Kilometer simuliert werden, dauert das doch so seine Zeit – und dies auch noch Jahreszeiten-abhängig.
Deshalb errechnen die Spezialisten aus den gewonnenen Daten mehrerer Runden ein Belastungsprofil. Dieses wiederum wird dann auf einen Rüttel-Prüfstand bei Flanders Make im belgischen Lommel übertragen und dort kann der Härtetest beliebig oft simuliert werden. Das Beste daran: Das geht auch in einer Klimakammer. So lässt sich ganzjährig perfekt überprüfen, wie Material und Konstruktion bei den unterschiedlichsten Temperaturen reagieren.
Tagelang müssen die Prototypen des Maestro Temperaturwechsel von tiefen Minusgraden bis zu brütender Hitze aushalten, während die Rüttelplatten Chassis und Aufbau durchschütteln. Dazu kommt neben hochsommerlichen Temperaturen noch extreme Sonnenbestrahlung. Deckenstrahler simulieren die massivste auf der Erde messbare Sonneneinstrahlung, mehr gibt’s weder in Florida noch in der afrikanischen Wüste. Diese Tests betreffen nicht direkt die Festigkeit der Bugmaske, hier geht es um die UV-Stabilität von Farben, Kunststoffen und vor allem der Dichtungsgummis. In kurzer Zeit zeigt sich hier die Stabilität der Werkstoffe gegen UV-Licht. Diesen Aufwand treibt normalerweise die Autoindustrie, die viel in Lommel testen lässt – schön zu sehen, dass die Caravanbranche nachzieht und für noch mehr Qualität auch aufwendige und teure Tests fahren lässt.
Infobox
Den Praxis-Artikel zur LMC-Aufbautechnik finden Sie in der Dezember-Ausgabe 2016 von Camping, Cars & Caravans.