Stadtbummel und Wein trinken – das klappt in Neustadt an der Weinstraße hervorragend. Aber die Stadt mit ihren neun Weindörfern bietet mehr als guten Wein. Vom nächstgelegenen Campingplatz in Sankt Martin sind es rund zehn Kilometer bis zum historischen Marktplatz. Mit dem Rad dauert das 45 Minuten, mit dem Auto nur 20 Minuten. Großer Nachteil: Mit dem Auto ist bei 0,5 Promille Schluss, mit dem Rad dürfte es ein Schöppchen mehr sein. Aber dazu später mehr, zuerst die Kultur.
Die Altstadt rund um den historischen Marktplatz mit Rathaus und dem größten Fachwerkhausbestand in der Pfalz krönt die gotische Stiftskirche mit ihren zwei ungleichen Türmen, das Wahrzeichen der Stadt. In ihrem Nordturm hängt die größte Gussstahlglocke der Welt. Wer zunächst lieber dem Wasser als dem Wein zugetan ist, der ist am Paradiesbrunnen richtig. Er soll an die Vertreibung aus dem Garten Eden erinnern. Vor dem wie ein Schwalbennest an der Stiftskirche klebenden Küsterhaus sprudelt frisches Wasser für den durstigen Stadtbesucher. Wer dann noch die Vorräte in seinem Caravan mit lokalen Köstlichkeiten auffüllen möchte: Dienstags und samstags ist auf dem Platz Wochenmarkt. Dank seiner Kulisse gilt er als einer der schönsten Märkte in der Pfalz.
Von dort aus eröffnen sich die mittelalterlichen Gassen mit dem ältesten Fachwerkhaus der Pfalz, dem Steinhäuser Hof in der Metzgergasse 3 – zu Fuß in drei Minuten erreicht. Das Gehöft besteht heute aus sieben Gebäuden und stammt aus dem 13. Jahrhundert. Das gotische Hauptgebäude geht auf das Jahr 1276 zurück und gilt als ältestes Bürgerhaus Neustadts. Das Haus an der Ecke Haupt-/ Kellereistraße wurde bereits 1382 als Ratoder Bürgerhaus erwähnt.
Tipp: In der Hauptstraße 60, gleich um die Ecke, lockt Kaffeebohne, ein gemütliches Café. Wer mehr auf Leckereien steht: Ein paar Häuser weiter, in der Hauptstraße 67, serviert Eissalon De Rossi seine bunten Kugeln in der Fußgängerzone.
Eine weitere Möglichkeit für einen Einkaufsbummel findet sich in der Friedrichstraße. Die nutzten die Neustädter schon 1864 als Flaniermeile. In der nahen Hintergasse waren schon früh Gerber nachgewiesen, im 18. Jahrhundert ein Küfer (Fassbinder). Da in der Innenstadt von Neustadt nichts richtig weit weg ist, lohnt sich auch noch der Abstecher zum Storchenturm. Dieser alte Turm erinnert an wehrhafte Zeiten.
Tipp: Gleich nebenan in der Friedrichstraße 13 verlockt das Café am Storchenturm mit einem sehr gediegenen Gastraum Wiederum nur drei Minuten zu Fuß lässt der Elwedritsche-Brunnen am Marstallplatz seine Betrachter staunen.
Der Neustadter Bildhauer Gernot Rumpf hat ihn 1978 mit den hühnerähnlichen pfälzischen Fabelwesen gestaltet. Der bekannteste der Neustadter Brunnen ist nach dem fabelhaften Pfälzer Federvieh benannt, das Elemente einer Ente, eines Huhns, eines Raben sowie einer Elfe in sich vereint.
Wie das nun alles zusammenhängt mit Sagen und Historie, das erklärt das Stadtmuseum. Neustadter Geschichte zum Anfassen. Es ist untergebracht in neun Räumen im Erdgeschoss der Villa Böhm in der Villenstraße. Es bietet seinen Gästen eine Entdeckungsreise durch die fast 800-jährige Geschichte von Neustadt an der Weinstraße. Der Eintritt ist frei – Spenden sind erbeten.
Doch auch in den neun kleinen Orten Hambach, Diedesfeld, Duttweiler, Geinsheim, Gimmeldingen, Haardt, Lachen- Speyerdorf, Königsbach und Mussbach, die sich rund um die Kernstadt gruppieren und zu Neustadt gehören, ist einiges geboten. So steigt in Gimmeldingen immer im Frühjahr das Mandelblütenfest – Deutschlands erstes Outdoor-Blütenweinfest des Jahres. Der Termin richtet sich ganz nach dem Blütenstand des Mandelbaums.
Und wer Neustadt an der Weinstraße besucht, sollte sich auch auf die Spuren der Wiege der Demokratie begeben: Im Winzerdorf Hambach ist jene Schlossruine zu besichtigen, die durch das Hambacher Fest vom 27. Mai bis 1. Juni 1832 berühmt wurde. Damals forderten die Teilnehmer nationale Einheit, Freiheit und Volkssouveränität in Deutschland. Eine Dauerausstellung und eine Illumination mit LED-Technik am Abend lassen die historischen Ereignisse wieder lebendig werden.
Wo immer Besucher auch landen, auf eines können sie bauen – auf die Gastfreundschaft der Region. Sie ist zu spüren in jeder der vielen romantischen Weingaststätten: Die Neustädter sind gesellig. Da bleibt niemand lange allein. Schließlich schmeckt ein köstlicher Tropfen in geselliger Runde gleich doppelt gut. Aber Achtung: Der Pfälzer trinkt Schoppen, die haben einen halben Liter Inhalt. Wie Anfangs aber gesagt, mit dem Caravan in der Nähe trinkt und genießt es sich doch gleich viel beschwingter.