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Traumtour durch Schwedens wilden Westen

02.06.2024
Bild & Text: Simon Ribnitzky

Von rauer Schärenküste über abgelegene Wälder und Seen bis zu Großstadt-Flair: Campingurlaub in Westschweden verbindet das typisch schwedische Naturidyll mit spannender (Industrie-)Geschichte und einer pulsierenden Metropole.

Mit stoischer Gelassenheit schiebt sich der Fischkutter durchs Wasser. „Früher gab es hier so viel Fisch, dass wir Fischöl daraus gemacht haben“, erzählt Bootsführer Martin Karlsson. „Heute holt ein großes Schiff so viel Fisch aus dem Meer wie 50 kleine Boote vor 30 Jahren.“ Karlsson schippert deshalb heute mit Touristen durch die Schären nördlich von Göteborg. Die Bootsfahrt beginnt nur einen Steinwurf entfernt vom Campingplatz Johannesvik, der von Göteborg aus in rund zwei Stunden Fahrzeit erreicht ist. Ein guter Ausgangspunkt für Aktivitäten an und auf dem Wasser.

Bildergalerie

Wie die Bootsfahrt mit dem Kutter von Martin Karlsson. Der schippert seine Gäste an diesem Abend rund fünf Kilometer durch das Labyrinth der glattgeschliffenen Schärenfelsen nach Smögen. Der nur rund 1.300 Einwohner zählende Ort ist nach wie vor einer der Hauptumschlagplätze der schwedischen Fischindustrie, heute jedoch vor allem ein Touristenmagnet. Schon bei der Einfahrt in den Hafen wird deutlich, warum das so ist: Entlang der Smögenbryggan, einem fast einen Kilometer langen, an Granitfelsen entlang gebauten Holzsteg, reihen sich bunt gestrichene Fischer- und Speicherhäuser, Bootsschuppen, Restaurants und Souvenirläden aneinander. Die Gebäude stehen auf Stelzen und bilden eine schwedische Bilderbuch-Kulisse.

Ein Genuss: Kaffeepause (schwedisch: Fika)
Lecker: Schwedische Zimtschnecken

Wunderschön: Wandern entlang der Schärenküste

In der Hochsaison geht es in dem beliebten Ort entsprechend trubelig zu. Nicht versäumen sollten Urlauber deshalb vor der Weiterreise eine Wanderung entlang der Schären auf dem Wanderweg Soteleden, die man problemlos ohne Menschenmengen erlebt. Los geht es ganz bequem direkt vom Campingplatz Johannesvik aus.

Unterwegs entdecken aufmerksame Beobachter einen Teich mit einem Miniatur-Schloss in der Mitte. Schöne Geschichte: Ein Entenliebhaber ließ es extra für die Tiere anfertigen. Der Weg verläuft teils aussichtsreich über die Schären, wo der Blick bis nach Smögen reicht, sowie durch dichten Wald. Tipp: Thermoskanne Kaffee und leckere Zimtschnecken nicht vergessen und unterwegs eine Fika, die typische schwedische Kaffeepause, einlegen.

Karte Westschweden

Infobox

Kurzinfos Westschweden

Die Region besteht aus den drei Provinzen Bohuslän (Küste), Dalsland und Västergötland. Größte Stadt ist Göteborg mit rund 580.000 Einwohnern. Von dort zieht sich die Küste Bohusläns mit mehr als 8.000 vorgelagerten Inseln über rund 280 Kilometer nach Norden bis zur norwegischen Grenze. Dalsland und Västergötland im Landesinneren grenzen an Schwedens größten See, den Vänern, und sind geprägt von ausgedehnten Wäldern und zahlreichen kleinen und kleinsten Seen.

Westschweden: Beliebteste Campingregion

Die Region Westschweden gliedert sich in drei Provinzen: Bohuslän an der Küste sowie Dalsland und Västergötland im Hinterland, die beide an den Vänern, Schwedens größten See, grenzen. Gemessen an der Zahl der Übernachtungen ist Westschweden die beliebteste Campingregion des Landes. Knapp ein Viertel der Übernachtungen auf Campingplätzen entfällt auf diese Region. Camping in Schweden boomt ohnehin: 2022 zählten die Campingplätze des Landes rund 17,1 Millionen Übernachtungen, ein Rekordwert. Die meisten Touristen stammen aus dem Nachbarland Norwegen, dicht gefolgt von Camping-Urlaubern aus Deutschland.

Überraschung: Laut einer Untersuchung des ADAC sind die Preise auf einem schwedischen Campingplatz im europäischen Vergleich am günstigsten. Demzufolge zahlt eine Familie mit zwei Erwachsene und einem Kind in der Hochsaison inklusive Strom und Duschen im Durchschnitt 39 Euro pro Nacht. In Deutschland sind es laut dieser Statistik 43 Euro, in Frankreich 49 Euro und in Italien 66 Euro – nur so zum Vergleich in Sachen „teures Schweden“. Wer dann noch günstig einkauft und auf Restaurantbesuche verzichtet, kann preiswert Campingurlaub machen.

Nicht verpassen: Fahrt entlang der Schärenküste

Weiter geht die Reise durch Westschweden. Es lohnt sich, zunächst der Küste nach Norden zu folgen. Statt zurück auf die Autobahn im Landesinneren zu fahren, schlägt man besser den Weg direkt an der Küste ein, durchquert weitere schöne Schärenorte mit klangvollen Namen wie Hunnebostrand, Hamburgsund und Fjällbacka. Zahlreiche Campingplätze, häufig direkt am Wasser, laden dazu ein, entdeckt zu werden und eignen sich perfekt als Basislager für den Caravan.

Lohnendes Ziel für einen Tagesauflug: Rund 50 Kilometer sind es von Smögen über die genannten Küstenorte bis zum Örtchen Tanum, das ein paar Kilometer von der Küste entfernt liegt. Hier befindet sich eine Welterbestätte mit Felszeichnungen. Während der Bronzezeit vor 3.000 Jahren haben die Bewohner der Region Tausende von Bildern in die flachen Granitfelsen geschlagen.

Das Museum Vitlycke präsentiert Skandinaviens bekannteste Felszeichnungsfundstelle, eine Granitplatte mit mehr als 500 Bildern. Besonders auffällig: eine „Das Brautpaar“ genannte Zeichnung. Das Museum bietet zudem eine Freiluft-Ausstellung mit Gebäuden, die das Wohnen und das Alltagsleben der Menschen aus der Bronzezeit erlebbar machen – ein Erlebnis für die ganze Familie.

Einsamer See in den Wäldern Dalslands

Naturnahe Campingplätze laden zum Bleiben ein

Nach diesem kulturellen Ausflug in die weit zurückliegende Vergangenheit führt die Fahrt mit dem Caravan in der Gegenwart nach Osten ins Landesinnere. Wenig befahrene Straßen führen durch schier endlose Wälder – Entschleunigung pur. Je weiter die Küste zurückbleibt, desto häufiger finden sich Seen in dieser Waldlandschaft. Rund 75 Kilometer sind es vom Welterbe in Tanum bis zum Campingplatz Laxsjöns Friluftsgard am gleichnamigen See in der Provinz Dalsland. Spätestens hier dürfte auch im Hochsommer der Trubel der Küste – tatsächlich wie gefühlt – weit weg sein.

Typischer Schweden-Bewohner: ein Elch

Typisch Schweden: Elche

Dabei gibt es auch in der scheinbar abgelegenen Region viel für Urlauber zu erleben. Nur ein paar Kilometer vom Campingplatz sind es zum Beispiel zum Dalsland Aktiviteter Center. Sportlich aktiv können Camper hier mit einer Zipline von Baumwipfel zu Baumwipfel sausen oder an einem Wildnis-Training teilnehmen und dabei viel über die Pflanzen der Region erfahren. Besucher treffen hier zudem auf weitere typische Bewohner Schwedens: Elche. In einem kleinen Elchpark kommt man den Tieren sehr nahe, kann sie unter den wachsamen Augen eines Rangers auch füttern – das macht nicht nur Kindern Spaß.

Beeindruckend: Am Aquädukt von Haverud kreuzen sich Straße, Schiene und Wasserweg.
Foto: Messe Düsseldorf/Ralph Binder

Das Aquädukt von Haverud

Auf Natur folgt Industriekultur. Rund 25 Kilometer südöstlich befindet sich das Aquädukt von Haverud, unweit des großen Vänern-Sees. Das spektakuläre Bauwerk ist Teil des vor mehr als 150 Jahren gebauten Dalsland-Kanals, der einst für den Transport von Eisenerz gebaut wurde. Der Fluss fließt hier mit starker Strömung und an steilen Felswänden entlang. Um Schiffen eine sichere Passage zu ermöglichen, ersannen Ingenieure eine wasserführende Brücke aus Stahl, gefolgt von einer Schleuse, um den Höhenunterschied zum folgenden See zu überwinden. Beeindruckend: Eine Eisenbahn- und eine Straßenbrücke führen über das Aquädukt. Laut den Betreibern ist es die einzige Stelle in Europa, an der sich Straße, Eisenbahn und Wasserweg kreuzen.

Noch einmal rund 70 Kilometer weiter südlich steht das nächste Highlight aus Schwedens Industriegeschichte auf dem Programm. Die Stadt Trollhättan ist nicht nur bekannt für den gleichnamigen Kanal, der den Vänern-See mit der Ostsee bei Göteborg verbindet, sondern für eines der wohl bekanntesten schwedischen Unternehmen: Saab. Vor rund zehn Jahren verließen die letzten Fahrzeuge die Werkshallen des traditionsreichen Automobilherstellers. Eintauchen in die wechselvolle Saab-Geschichte, die 1937 mit der Produktion von Flugzeugen begann, können Besucher heute im sehenswerten Museum. Hier steht zum Beispiel das erste Automodell von Saab, der Ur-Saab genannte 92001 mit immerhin 18 PS, der 1947 vorgestellt wurde. Nach dem Konkurs 2012 endete die Produktion im Jahr 2014. Der Flugzeugbau- und Rüstungskonzern Saab existiert indes noch heute.

Göteborg: Erschaffen von Baumeistern aus den Niederlanden

Trollhättan ist auch von Göteborg aus zu erreichen. Die nach Stockholm zweitgrößte Stadt des Landes sollten sich Urlauber zum Abschluss einer Westschweden-Reise auf gar keinen Fall entgehen lassen. Perfekte Ausgangsbasis für den Besuch der Metropole ist der Campingplatz Lisebergsbyn. Direkt vor dem Platz steigen Urlauber in die Straßenbahn, die sie in rund 20 Minuten ins Zentrum bringt. Die 1621 von König Gustav II. Adolf gegründete Stadt ist vor allem für ihre Kanäle im holländischen Stil bekannt. Tatsächlich holte der König einst Baumeister aus den Niederlanden ins Land, um Göteborg zu errichten.

Restaurant in Göteborg - was es hier wohl zu Essen gibt?

Bis heute ist die Stadt, deren Großraum mehr als eine Million Einwohner zählt, eine wichtige Industriestadt mit Fabriken von Volvo, AstraZeneka oder Ericsson. Zudem verfügt Göteborg über einen großen Containerhafen und hat eine lange Fischereitradition. Göteborg hat auch für einen mehrtägigen Besuch genug zu bieten. Zu empfehlen ist beispielsweise das Wissenschafts-Erlebniszentrum Universeum, das als Highlight eine Kuppel mit riesigem 360-Grad-Bildschirm vorweist. In diesem Wisedome reisen bis zu 150 Besucher in Filmen mit 3-D-Effekten an bislang für Menschen unerreichbare Orte.

Der Vergnügungspark Liseberg liegt mitten in Göteborg - nicht nur für Kinder ein großer Spaß.
Foto: Messe Düsseldorf/R. Binder

Ein Tipp für den Göteborg-Besuch mit Kindern stellt der in unmittelbarer Innenstadtnähe gelegene Freizeitpark Liseberg dar – fliegende Teetassen, Auto-Scooter, Riesenrad und Achterbahnen und einiges mehr warten darauf, entdeckt zu werden. Nach dem Brand im Februar diesen Jahres im neuen Wasserpark ist der Freizeitpark selbst wieder voll zugänglich. Eine Stadtrundfahrt der besonderen Art bietet der Oceanbus. Hierbei handelt es sich um einen Amphibienbus, der nicht nur auf der Straße, sondern auch auf dem Wasser fährt. Die Hafenrundfahrt ist bei dieser Stadt-Tour also gleich mit dabei. Spannend wird es vor allem, wenn der Bus mit Schwung ins oder aus dem Wasser fährt. Der Beifall der Mitfahrer ist dem Busfahrer dabei meist sicher.

Ebenfalls sehenswert: Göteborgs Rosengarten mit rund 1.200 verschiedenen Rosenarten, den der Gründer der Reederei Stena Line gesponsort hat. Gutes Stichwort, denn die Fähren dieser Linie bringen Urlauber und Reisemobil nach einem schönen Urlaub in Westschweden entspannt zurück nach Deutschland. Ziel ist der Hafen von Kiel.

Saab-Museum Trollhättan: Blick in die Unternehmensgeschichte

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Anreise und Sehenswürdigkeiten

Anreise:

Am komfortabelsten ist die Anfahrt mit der Fähre ab Kiel. Start am frühen Abend, Ankunft in Göteborg am nächsten Morgen. Für die Hochsaison empfiehlt sich eine frühzeitige Buchung (www.stenaline.de). Alternative ist die Route über Dänemark und die Öresund-Brücke, ab Hamburg rund 750 Kilometer bis Göteborg.

Sehenswürdigkeiten:

Ideale Lage: Camping Johannesvik nah der Schärenküste
Ruhig gelegen: Der Campingplatz Laxsjöns Friluftsgard am gleichnamigen See in der Provinz Dalsland.

Campingmöglichkeiten in der Region

Auf dieser Reise besuchte Campingplätze:

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Mehr Informationen zum Urlaub in Westschweden

Viele weitere Informationen zur Region und zum Campingurlaub in Westschweden finden Sie auf der Homepage von Westschweden-Tourismus.

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