Die Auswirkungen der Pandemie und die unsichere Wirtschaftslage hinterließen 2023 ihre Spuren in der Branche. Das Caravan-Segment verzeichnete in fast ganz Europa niedrigere Neuzulassungszahlen. So lag die Bundesrepublik mit 21.896 Neuzulassungen 10,5 Prozent im Minus, im Vereinigten Königreich wurden mit circa 13.200 Einheiten rund fünf Prozent weniger Zulassungen verzeichnet, es folgen die Niederlande mit 6.781 Neuzulassungen und einem Minus von 14,7 Prozent.
Das vor allem bei Familien beliebte Caravan-Segment spürt die wirtschaftliche Verunsicherung jüngerer Käufergruppen. Faktoren wie höhere Lebenshaltungskosten und sprunghaft gestiegene Zinsen veranlassen junge Menschen dazu, den geplanten Kauf eines Neufahrzeugs auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben. Stattdessen wird vermehrt das vielseitige Angebot an Mietfahrzeugen genutzt, um Caravaning-Urlaub zu machen.
Dies kann den Neukauf aber nicht ausgleichen und wirkt sich dementsprechend auf die Caravan-Neuzulassungen in diesem Jahr aus: Mit rund 11 Prozent unter dem Niveau 2022 war 2023 das dritte Jahr in Folge, das rückläufig war. Zuvor konnte der Abwärtstrend in den 2000ern bei den Wohnwagen zumindest von 2014 bis 2020 eingebremst werden. „Reisemobile und Caravans sind wieder besser verfügbar und die Händlerhöfe sind aktuell gut bestückt“, sagt der CIVD-Geschäftsführer Daniel Onggowinarso, „es könnte sich also lohnen, jetzt beim Händler seines Vertrauens vorbeizuschauen“.
Von einer Normalisierung in der Fahrzeugproduktion kann für ihn aber noch nicht die Rede sein. „Herausforderungen wie mangelnde Kapazitäten in der Logistik und der akute Fachkräftemangel setzen unserer Industrie weiter zu“, so der CIVD-Geschäftsführer. Trotz aller Herausforderungen blickt er aber optimistisch in die Zukunft: „Wirtschaftskrisen, Klimawandel und Pandemie haben dem Interesse an der Urlaubsform Caravaning keinen Abbruch getan – ganz im Gegenteil: Immer mehr Menschen wollen heutzutage ihren Urlaub flexibel gestalten und suchen die Nähe zur Natur.
Caravaning als individuelle Reiseform trifft den Nerv unserer Zeit und wird auch in Zukunft immer mehr Menschen für sich begeistern.“ Aber zu welchem Preis? Camping war und ist immer der Spagat zwischen hohen Anschaffungskosten und moderaten Reisekosten. Schließlich sind auch die Preise für Gebrauchtwagen in den vergangenen Jahren extrem gestiegen. Einen guten, aber preiswerten Zugwagen für die Zukunft zu finden, war nicht so einfach. WLTP, Euro 6, Anhängelasten, Hybrid und andere Faktoren grenzten die Auswahl enorm ein. Doch die Trendwende hat hier bereits begonnen, behauptet zumindest der Marktbeobachter DAT.
Im September lagen die prozentualen Restwerte dreijähriger Gebrauchtwagen demnach in den meisten Fahrzeugsegmenten nicht mehr so stark über den Vorjahreswerten wie noch im August oder Juli. Der Gebrauchtmarkt für Wohnwagen ist schon immer ein sehr dynamischer Markt, der von vielen Faktoren beeinflusst wird. Zuletzt waren Gebrauchte fast so teuer wie sie neu gekostet hatten, weil sie schnell verfügbar waren. Die Entwicklung der letzten fünf Jahre war von Preiserhöhungen geprägt. Lag ein preiswerter Adria Aviva 360 DK in der Preisliste 2019 noch bei 11.199 Euro, so kostet dieser 2024 stolze 15.399 Euro. Zugegeben, er hat eine Überarbeitung erfahren, aber Grundriss und Ausstattung sind identisch.
Ähnlich sieht es in der Oberklasse aus. Der Adria Alpina 663 PT kostete vor fünf Jahren 34.699 Euro. 2024 sind es 46.799 Euro. 4.200 bzw. 12.100 Euro mehr wegen Corona? Die Inflationsrate seit 2019 liegt bei kumulierten 12 Prozent. Der Preisanstieg über die fünf Jahre beträgt aber 40 Prozent. Die Händler haben die Lager voll, da in Zeiten der Zulieferschwierigkeiten bei den Herstellern mehr Wohnwagen gebaut wurden. Nun kommen die Modelle 2024 und so mancher braucht Platz.
Niesmann Caravaning hat den Einsteiger Hobby OnTour 470 KMF schon um 2.707 Euro reduziert. Statt 27.607 kostet er nun 24.900 Euro. Ähnlich macht es der Händler für den Fendt Apero und Tendenza – was einer Reduzierung von zehn Prozent entspricht. Ähnlich macht es das Camperland Bong in Rheinbach und gibt als zusätzlichen Anreiz nochmals 30 Prozent auf Zubehör. Holiday Heinz & Linse im niedersächsischen Neustadt gibt auf ausgewählte neue Tabbert-Modelle bereits zwölf Prozent und auch Krug im österreichischen Wattens geht bei Dethleffs-Fahrzeugen fast zwölf Prozent unter den Listenpreis – ohne verhandeln. Da sind die 370 Euro Nachlass im Hymer-Center Köln bei einem Eriba Touring 530 schon fast lächerlich. Was aber aufzeigt, dass es auch um die richtige Zielgruppenansprache geht.
Der Händlerverband mit seiner Geschäftsführerin Arian Finzel ist zuversichtlich, dass der Caravan mittelfristig eine Renaissance erlebt. „Allerdings wird diese zweigleisig sein“, so Finzel. „Besonders in der Mittel- und Oberklasse geht was, denn die älteren Kunden sind meist Besitzer großer Zugwagen, werden diese auch noch länger fahren und kaufen sich den dazu passenden Caravan.“ Anders verhält es sich bei neuen Zielgruppen. Diese sind oft elektroaffin und dementsprechend gewichtssensibel. „In diesen Kundenkreisen müssen Wohnwagen hinsichtlich Führerscheins, E-Mobilität und Nachhaltigkeit ganz anders vermarktet werden“, weiß Finzel, die aber lobende Worte für die Hersteller findet, die hier durchaus Antworten liefern.
Auch deren Überproduktion kann sie verstehen, aber die großen Bestände könnten den Händlern schon Probleme bereiten. „Wer in den guten Zeiten nicht auf seine Kreditlinie bei den Banken geachtet hat, zahlt jetzt bis zu 10 Prozent Zinsen, vor wenigen Monaten waren das noch drei Prozent.“ Hohe Rabatte locken zwar die Kundschaft auf den Handelsplatz, schwächen aber auch die Händlerschaft, die viel an Umsatzrendite einbüßt. 2024 wird für die Caravaningbranche jedenfalls sehr interessant, da elementare Veränderungen sich gegenseitig neutralisieren.
Ob ein Ende der Preisspirale in Sicht ist, bleibt umstritten. Der Gang zum Händler noch in diesem Winter könnte sich vielleicht doch als Segen erweisen. Die bisherige Entwicklung: Im Januar 2024 verzeichnete die Caravansparte 879 Neuzulassungen und liegt damit in etwa auf dem Niveau des Vorjahres-Januar.