Mit diesem Auto und dem Wohnwagen seid ihr bis hierhergefahren?“ So fragte uns am Sahanlahti-Resort an der Finnischen Seenplatte ein – wohlgemerkt deutscher – Urlauber leicht ungläubig mit Blick auf unseren Hyundai Ioniq 6. Er hätte selbst ein kleines E-Auto, das er gerne für den Stadtverkehr und andere kürzere Entfernungen nutze. Eine Anhängerkupplung habe sein E-Auto freilich nicht, „denn Anhängelast und die Reichweite im Gespann sind doch mager. Mit dem Wohnwagen nehme ich nach wie vor meinen alten Diesel.“ Mit dieser Ansicht wird dieser deutsche Urlauber wohl die Mehrheit der Gespannfahrer repräsentieren. Auf lange Sicht aber soll sich das ja ändern, wie die Zeichen derzeit stehen.
Von den Finnen wunderte sich keiner über unser E-Auto so fern der Heimat. Fast 20 Prozent der Autos, die über die finnischen Straßen rollen, werden elektrisch angetrieben. Bei den Neuzulassungen in Finnland machen die E-Autos bereits ein Drittel aus. Und das, obwohl das Land im Prinzip weniger geeignet ist, um dort flächendeckend Ladesäulen aufzubauen: Finnland ist ungefähr gleich groß wie Deutschland, hat aber nur ganze fünf Millionen Einwohner – Deutschland 83 Milionen. Dementsprechend dünn besiedelt sind viele Regionen. Dennoch, E-Mobilität ist in Finnland üblich und funktioniert, und Ladesäulen gibt es – außer vielleicht im hohen Norden Lapplands – genug. Nebenbei bemerkt kostet eine Kilowattstunde an einer Ladesäule in Finnland ungefähr ein Drittel weniger als an einer Ladesäule in Deutschland.
Wenn es in Deutschland in Zukunft wirklich immer mehr E-Autos gibt, wird es früher oder später hoffentlich Lösungen geben, damit auch mit dem Caravan am Haken ohne stündliche Ladestopps in den Urlaub zu fahren. Zweifellos wird das noch einige Jahre dauern, bis das üblich sein wird. Zurzeit gibt es ja ohnehin erst wenige E-Autos, mit denen man auch nur einen mittelgroßen Caravan ziehen kann. Aber in der Mobilität gab es immer Weiterentwicklungen. „Ich glaube an das Pferd, das Automobil ist eine vorübergehende Erscheinung“, soll Kaiser Wilhelm gesagt haben, aber auch er gewöhnte sich bald an das Autofahren.
Nun soll die Entwicklung weg vom Verbrenner und hin zum Stromauto gehen. Mehr gespanntaugliche E-Autos könnten auch dazu führen, dass es zunehmend mehr Caravans ohne Gasanlage geben wird, denn Strom hat man ja dabei – sofern freilich der Akku nicht leer ist. Auf diese Entwicklung setzt Knaus mit seinen Yaseo-Modellen.
Wir haben’s jetzt schon ausprobiert. Mit einem E-Auto und gaslosen Caravan ging es von Stuttgart aus in den Fährhafen Travemünde, mit einer Finnlines-Fähre 30 Stunden über die Ostsee nach Helsinki und von dort nach Nordosten an die Finnische Seenplatte. Von der Finnischen Seenplatte ist der Saimaa-See der Größte. Ansonsten ist die Seenplatte ein Labyrinth von kleinen Inseln, Landvorsprüngen und kleinen Seen, die dann aber doch wieder mit den großen verbunden sind. Es gibt auch kleine Städte dort, aber vor allem Wildnis pur. Von uns so gewollt und wir waren auch keineswegs das erste Mal hier.
Jetzt aber erstmals mit einem E-Auto, dem Hyundai Ioniq 6, und am Haken einen Caravan mit einer zulässigen Gesamtmasse von 1.600 Kilogramm. Der Yaseo 500 DK ePower will trotz dieses Gewichts speziell für E-Autos ausgelegt sein. Immerhin ist er leer recht leicht, und mit einem bidirektional ladenden Auto wie dem Ioniq 6 wird das Konzept noch runder.
So verlief unsere Fahrt nach Skandinavien
Die lange Reise in den Nordosten Europas mit einem solchen Gespann war gut machbar. Genial an einem E-Auto mit 229 PS ist natürlich, dass auch bei niedriger Geschwindigkeit, beispielsweise beim rückwärts rangieren bergauf mit dem Caravan, in ruhiger Weise die volle Kraft zur Verfügung steht. Mit einem Verbrennerauto mit geringerer Leistung würde man da mitunter die Kupplung riechen. Mit dem Ioniq geht alles kraftvoll, aber völlig ruhig zu. Da spielt der elektrische Antrieb einen Trumpf aus. Auch der Antritt mit voller Leistung aus dem Stand macht im Gespann Spaß und sorgt in jeder Lage für entspanntes Vorwärtskommen.
Apropos Vorwärtskommen. Der Ioniq fühlt sich sonst wie ein rollendes Smartphone an mit dem riesigen Display in der Mitte des Armaturenbretts. Erfreulich, dass nicht alles über das Touchpad eingegeben werden muss, sondern dass es beispielsweise für die Scheibenwischer die herkömmlichen Kippschalter am Lenkrad gibt.
Unverständlich ist, warum mit Anhänger der Tempomat des Ioniq nicht in Betrieb genommen werden kann. „Fahrassistenzsystem wegen Anhänger limitiert“, erscheint da im Display. Wobei gerade mit Anhänger ein auf 100 km/h und dann in Finnland auf 80 km/h eingestellter Tempomat vor unnötigen Geldausgaben schützen könnte.
Der Akkustand und die Ladestationen auf oder nahe der Route werden übersichtlich im Display angezeigt. Praktisch ist, dass dieses auch für den Beifahrer bequem zugänglich ist. In gewisser Weise war die lange Fahrt von Süddeutschland nach Travemünde trotz der stets präsenten Reichweitenfrage insgesamt sogar entspannter als sonst, weil wir unterwegs mehr Pausen machten – wenn auch nicht freiwillig. Damit muss man sich arrangieren, sonst wird es doch schnell unentspannt.
Die Reichweite des Ioniq 6 wird offiziell mit etwa 560 Kilometern angegeben. Das hängt natürlich sehr davon ab, wie schnell und wie gleichmäßig man fährt. Und natürlich gilt dieser Wert ohne Caravan am Haken.
Nach unserer Erfahrung verbraucht der Ioniq 6 ohne Anhänger etwa 18 kWh auf 100 Kilometer. Mit unserem nicht gerade kleinen Caravan am Haken wurden das aber schnell mal 40 kWh oder auch noch mehr. Mit einer Sicherheitsreserve von etwa 30 Kilometern hatten wir mit dem Wohnwagen eine Reichweite von etwa 180 Kilometern bis zur nächsten Ladesäule. Wahrlich nicht viel.
Das Aufladen dauerte jeweils etwa 30 bis 40 Minuten. Häufig stehen Ladesäulen an den Lokalen von Fastfoodketten. Deren Parkplätze sind aber meistens viel zu eng für ein Caravangespann. Die Betreiber von Fastfoodketten gehen wohl davon aus, dass ein Autofahrer die 40-minütige Ladezeit gerne mit Burger und Pommes verbringt.
Ein gravierender Unterschied: In Finnland gibt’s meistens mehr Platz, um ein E-Auto zu laden. Häufig stehen Ladesäulen an großzügig angelegten Parkplätzen vor Einkaufszentren. Bis zur Akkukapazität von 80 Prozent „laufen“ an einer Säule mit angegebenen 150 kW etwa 130 kW ins Auto hinein. Ab 80 bis 100 Prozent Füllstand des Akkus sinkt der Stromfluss fahrzeugbedingt auf etwa 20 kW. Praktisch heißt das, man füllt den Akku üblicherweise nur bis 80 Prozent.
Wir waren 2.570 Kilometer unterwegs und haben dafür 1.056 Kilowattstunden verbraucht. Praktisch immer war der Caravan angehängt. Dies entspricht einem Verbrauch von 41 Kilowattstunden auf 100 Kilometer. Eine Kilowattstunde an einer Ladesäule in Deutschland kostet zwischen 0,59 und 0,89 Euro; in Finnland im Schnitt 28 Cent.
Für die 800 Kilometer von Stuttgart nach Travemünde hatten wir vorsichtshalber zwei Tage eingeplant. Zwar muss man erst um 22 Uhr im Hafen ankommen, da die Beladung des Finnlines-Schiffes erst etwa um 23.30 Uhr beginnt, aber man weiß ja nie. In meinen Alpträumen vor diesem ersten Urlaub mit einem E-Auto erschien mir das Bild, dass ich mit fast leerem Akku an einer Ladesäule ankomme und dann daran ein Zettel „defekt!“ hängt. Oder dass ich mit dem Gespann im Stau im Schritttempo fahren muss und die Ladestandsanzeige immer mehr nach unten geht, ohne Aussicht, die nächste Ladesäule zu erreichen.
Die zweite Horrorvorstellung könnte tatsächlich Realität werden, die erste nicht. Denn der Bordcomputer des Ioniq ist mit dem Internet verbunden, und somit wird nicht nur der Standort der Ladesäulen angezeigt, sondern auch, ob diese belegt oder gar defekt seien. Es gibt auch Ladesäulen, welche die jeweilige Bezahlkarte nicht akzeptieren. In diesem Fall wird schon vom Bordcomputer z. B. 0 / 4 angezeigt – d. h. keine der vier Ladesäulen würde so freundlich sein, mir Strom zu liefern.
Sollte eine Ladesäule tatsächlich nicht funktionieren, würde man schon lange zuvor sehen, dass die Stromzapfsäule sich krank gemeldet hat, und man würde eine andere ansteuern. Üblicherweise stehen an einem Standort ohnehin zwei oder noch mehr Ladesäulen. Meistens aber sind die Stellplätze davor nicht so konzipiert, dass man mit einem Caravan am Haken dort ordnungsgemäß parken kann. Manchmal geht’s doch, wenn man sich etwas „illegal“ breitmacht, manchmal muss man den Caravan abkuppeln.
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Mehr zum Wohnwagen
Hier lesen Sie unser Fazit zum Urlaub mit dem Knaus Yaseo 500 DK.
Nach eineinhalb Tagen in durchaus entspannter Fahrt von Stuttgart nach Norden kommen wir planmäßig im Hafen Travemünde an. Am Hafen das übliche Procedere: Ab 20.30 Uhr wird von Finnlines die Einlasskontrolle geöffnet. Ausweis zeigen, und man erhält die Bordkarten. Für die Fährgesellschaften in Nordeuropa sind E-Autos inzwischen völlig normal. Einige griechische Fährgesellschaften hätten kürzlich bekannt gegeben, dass E-Autos nur noch mit maximal zu 40 Prozent geladenem Akku an Bord dürften – obwohl dort die Infrastruktur mit Ladestationen mangelhaft ist.
In Nordeuropa ist das alles kein Thema und die Ladestandsanzeige interessiert niemanden. Es gibt nur den Hinweis, dass man den Akku nicht während der Überfahrt laden dürfe. Das wäre durchaus möglich: 230 Volt Bordstrom für den Caravan, damit der Kühlschrank läuft, bekommt man nämlich. Und der Ioniq kann ja auch mittels normalem 230-Volt-Schukostecker, also mit „Haushaltstrom“ geladen werden. Dann fließen aber nur 1,2 kW durch das Kabel, das man von der Kabeltrommel abrollt. Dass es so wenig ist, ist fahrzeugbedingt, denn die üblichen Steckdosen im Haushalt können mindestens 2 kW liefern. Mehr Stromdurchfluss akzeptiert das Auto bei einer Ladung mit 230 Volt offensichtlich nicht.
Wenn das Auto nur mit 1,2 kW „betankt“ wird, ist das ein vergleichsweise winziger Durchfluss im Vergleich zu einer Ladesäule, von der, wenn die Ladesäule auf 150 kW ausgelegt ist, etwa 130 kW fließen oder sogar 230 kW, sofern die Ladesäule maximal 300 kW abgeben kann. Aber: Wenn man vier Tage auf einem Campingplatz bleibt und das Auto kontinuierlich ans 230-Volt-Netz anschließt, dann würde der Akku eines E-Autos nach 100 Stunden voll werden.
Allerdings wird genau das bei zunehmender Verbreitung der E-Autos dazu führen, dass kein Campingplatzbetreiber mehr den Stromanschluss am Stellplatz pauschal für ein paar Euro pro Tag anbieten wird. Wahrscheinlich wird auch das Stromnetz vieler Campingplätze noch viel schneller als jetzt überfordert sein, wenn mehr Urlauber mit E-Auto erscheinen – und dann teilweise auch mit gaslosem Wohnwagen und somit mit Strom auch kochen und heizen wollen.
Gegen zwei Uhr nachts legte die Finnlines-Fähre ab. Vom Achterdeck aus sahen wir die Silhouette von Travemünde samt dem markanten Hochhaus vorüberziehen. Mit Blick übers Meer in die andere Richtung, in Richtung Osten, erblickten wir am Horizont schon die ersten Sonnenstrahlen. Wir sind erfahrene Finnlandreisende und hatten eine Sektflasche und Gläser mitgebracht, um in der lauen Nachtluft auf dem Achterdeck auf unseren Urlaub anzustoßen. Anschließend in die Sauna an Bord, die ist nämlich auch zu dieser nächtlichen Stunde geöffnet. Dann ins Bett.
Der folgende Tag auf See ist Erholung pur. Die Mahlzeiten sind opulent, das Achterdeck dient zum Entspannen, die Sauna ebenfalls, und am Morgen nach der zweiten Nacht an Bord nähert sich die Fähre durch den grandiosen Schärengürtel hindurch der Hauptstadt Helsinki.
Und dann gehts los ins Land der tausend Seen. Tatsächlich sollen es 180.000 sein. Wir lieben dieses Land, und viel anders als bisher ist das Reisen mit einem E-Auto hier auch nicht.
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Technische Daten Hyundai Ioniq 6
Antrieb:
Motor Elektro
Leistung 229 PS/168 kW
Drehmoment 350 Nm
Getriebe Hinterrad
CO2-Ausstoß 0 g/km
Karosserie:
Länge/Breite/Höhe
(inkl. Dachgalerie) 485/188/149 cm
Radstand 295 cm
Kofferraumvolumen 401 l
Leergewicht 1.910 kg
Zuladung 425 kg
Anhängelast:
Gebremst/ungebremst 1.500 kg/750 kg
Max. Anhängelast mit B Führerschein 1.090 kg
Stützlast 100 kg
Leistungszuggewicht 16,7 kg/PS
Fahrleistung:
Hochgeschwindigkeit 185 km/h
Beschleunigung 0 auf 100 km/h 7,4 s
Verbrauch 14,3 kWh/100 km
WLTP-Reichweite (elektrisch) 614 km
Sonstiges:
Basispreis 60.200 Euro
Extra Ladeleistung (kW) AC: 2,3-11,0, DC: 50,0-240,0, Batteriekapazität (Netto) in kWh 77,4